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Steintor-Varieté Halle Steintor-Varieté Halle: Walhalla an der Saale wird 125 Jahre alt

Von andreas montag 27.02.2014, 09:19
Das Steintor-Varieté in Halle putzt sich heraus.
Das Steintor-Varieté in Halle putzt sich heraus. jens schlüter Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Am halleschen Steintor tut sich etwas, unübersehbar: Der dort ansässige Unterhaltungs-Tempel, das Steintor-Varieté, bekommt wieder ein Gesicht. In lichtem Grün leuchtet die Fassade, darin die hohen, neogotisch angehauchten Fenster. Was für ein schönes Geschenk, das sich das Haus zu seinem 125. Geburtstag beschert, der am Samstag mit einer Ausstellungseröffnung im Stadtmuseum Halle begangen werden soll.

Jahrelang war man an dem zentrumsnahen, schön geschnittenen, aber eher unwirtlichen Platz, der in der Hauptsache als Verkehrsknoten dient, rasch seiner Wege gegangen. Grau und zugeknöpft bot auch das Steintor-Varieté einen wenig einladenden Anblick.

Biermann und Hagen

Freilich wussten die teils auch von weither angereisten Freunde des Hauses um dessen innere Werte, und die Hallenser wussten es sowieso. Ehrensache. Wer einmal den schön proportionierten Saal betreten hat und die mit einem Meer kleiner Lämpchen besternte, nachtblaue Decke leuchten sah, wird sich unweigerlich verliebt haben in diesen Ort. Ganz zu schweigen von all den Künstlern, die sich dort schon eingeschrieben haben - von Cindy aus Marzahn bis zu alten Ostrockern wie den Puhdys.

Und hier sind sich im Mai 1965 der Dichtersänger Wolf Biermann und die Schauspielerin Eva-Maria Hagen erstmals näher gekommen. Biermann, der 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde, war gerade mit Auftrittsverbot belegt worden, die Stasi hat sich mit Feuereifer daran gemacht, die Beziehung der beiden Künstler zu „zersetzen“, wie das im Kriegerdeutsch des Geheimdienstes hieß - die Hagen hat es später öffentlich gemacht.

Aber begonnen hatte diese Liebe eben in Halle, im Steintor-Varieté. Es wird noch andere, weniger dramatische und nicht so prominent besetzte Geschichten geben, denen dieses Haus die Kulisse gab. Man muss nur an das jährliche Weihnachtssingen denken, bei dem jeder einmal Star sein darf, wenn er sich traut. Und die Kinder-Weihnachtsrevuen gehören auch ins Bild, sie werden immer noch erfolgreicher, wie der Hausherr Rudenz Schramm sagt.

Er feiert in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag und steht dem Haus seit mehr als einem Vierteljahrhundert vor, zunächst als angestellter Chef, inzwischen auch als Miteigentümer. Und er hat noch große Pläne: In den nächsten Jahren wird das historische Varieté um einen Neubau erweitert, für den das baufällige Nebenhaus weichen muss. U-förmig wird das Gebäude in den Hof reichen und an eine luftige Parklandschaft grenzen, die das Steintor-Varietè mit dem Campus des eben entstehenden Geisteswissenschaftlichen Zentrums der Martin-Luther-Universität verbinden wird.

Schau zum Jubiläum

Ab Samstag wird das Steintor, wie man es in Halle verkürzt und liebevoll nennt, mit einer Schau gefeiert, die sich vor allem der großen Geschichte des Varietés widmet, das eines der ältesten in Deutschland ist. Am 1. Februar 1889 wurde das Walhalla-Theater eröffnet - im Gebäude einer ehemaligen Reitbahn. Bis zum 5. März 1937 blieb es bei dem Namen, dann ließen die Nazi-Herren von der Reichstheaterkammer mitteilen, das dies nicht länger anginge.

Walhalla, die Ruhmeshalle - das schwitzte förmlich höhere Weihen aus und durfte keinem profanen Spaßtempel als Etikett angeheftet sein. 1944 musste das Theater am Steintor schließen, nur zwei Wochen, nachdem die Rote Armee in Halle eingerückt war, wurde es wieder geöffnet.

Die Programme, sagt Rudenz Schramm, hätten sich nicht wesentlich von den früheren unterschieden. Das Steintor-Varieté war und blieb ein Ort der Unterhaltung. Die ist im Wesentlichen unpolitisch, auch wenn sie den jeweils Mächtigen zur Erbauung und Ruhigstellung des Volkes dienlich war. Gleichwie: Schön, dass es immer noch steht, das alte Steintor. Und nach dem Umbau noch schöner sein wird.

So wie auf diesem Modell wird es in wenigen Jahren hinter dem halleschen Steintor-Varieté und seinem gläsernen Anbau (oben) aussehen.
So wie auf diesem Modell wird es in wenigen Jahren hinter dem halleschen Steintor-Varieté und seinem gläsernen Anbau (oben) aussehen.
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Rudenz Schramm
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