Starke Frauen der Reformation Starke Frauen der Reformation: Auch Halle hatte eine Freiheitskämpferin

Halle (Saale) - DER Krieg, DER Aufstand, DER Umsturz - alles männlich vom Wort her. Anders DIE Reformation, der neben dem weiblichen Wortgeschlecht auch etliche weibliche Attribute anhaften: Konsequenz, Beharrlichkeit, Ausdauer zum Beispiel. Alles das ist in vielerlei Darstellungen in den Jahren der Luther-Dekade hinreichend dargelegt worden - mit Blick auf eine auch langjährige Reformationsperiode, deren Beginn wir auf Luthers Thesenanschlag zu datieren gelernt haben.
Ausstellung in Halle (Saale): Welchen Anteil hatten Frauen an der Reformation?
Doch welcher Anteil daran ganz real von Frauen stammt - und ob diese von zarter Hand erbrachten Leistungen an der Reformation in dramatischen Zeiten nicht vielleicht auch ganz entscheidend gewesen sind, dazu gibt es vergleichsweise wenig zu hören und zu lesen.
Was natürlich an einer mageren Quellenlage liege, sagt Simone Kluge von den „Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland“. Die Religionspädagogin ist eine der Macherinnen einer Wanderausstellung, die gerade im Stadtmuseum Station macht und die einen noch ziemlich blinden Fleck in der Reformationsgeschichte mit Inhalt füllen soll.
Auch eine Hallenserin trieb die Reformation voran
Freilich, die Ausstellung ist auch eigens für Halle erweitert und präzisiert worden - aus gutem Grund. Hat mit Felicitas von Selmnitz (oder Selmenitz) doch hier eine der zwölf Damen gelebt, deren Rolle unter den „Frauen der Reformation“ (so auch der Ausstellungstitel) als herausragend eingeschätzt worden ist.
Die früh verwitwete, adlige Hallenserin (1488-1558) war ihrem Sohn nach Wittenberg gefolgt, als der bei Luther studierte - und gehörte zu den Tischgesellschaften und also auch zum engsten Kreis um den Reformator. Erst in dieser Zeit lernte sie lesen und studierte unter anderem die Bibel, wovon viele Randglossen in ihrer Bibel zeugen.
Diese Kenntnis verdankt die Nachwelt übrigens der Tatsache, dass die umfangreiche Büchersammlung der offenbar vermögend gewesenen Frau in die hallesche Marienbibliothek eingegangen ist. Auch ergänzende Bildchen, die fast wie die Vorgänger von Smileys aufgefasst werden könnten, gehören zu diesen hoch interessanten Randglossen.
Ein Bild von der Frau selbst - wie von den meisten der übrigen Heldinnen der Reformation - gibt es übrigens nicht. Was die Ausstellungsmacher auf die Idee gebracht hat, den zwölf Tafeln jeweils eine fiktive Frauen-Darstellung zuzuordnen, die die Eislebener Ikonenmalerin Mariana Lepadus geschaffen hat.
Auch entflohene Nonnen spielten bei der Reformation eine Rolle
Als „Frauen der Reformation“ haben die Ausstellungsmacherinnen übrigens Damen aus verschiedensten Gesellschaftsschichten ausgewählt. Eine Rolle gespielt haben in dieser Bewegung neben Fürstinnen und vermögenden Witwen auch entflohene Nonnen, die - wie im Hause Luther - als Gattinnen und Mütter die gerade für die deutsche Geistesgeschichte so bedeutsame Institution Evangelisches Pfarrhaus mit begründeten.
Dass die „Frauen der Reformation“ auch eine Rolle als Vorreiterinnen spielen - mit Blick auf ein im nächsten Jahr anstehendes Jubiläum - darauf macht Jane Unger, die Direktorin des Stadtmuseums, aufmerksam. Denn 2018 steht „Hundert Jahre Frauenwahlrecht“ auf dem Programm - natürlich auch im Museum. (mz)
