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Stadtteil Radewell/Osendorf Stadtteil Radewell/Osendorf: Von der Zeche zum Kanu-Paradies

Von Katja Pausch 19.06.2017, 11:12
Die  Zeche „Hermine Henriette“ hat sich nach dem Ende der Braunkohleförderung mit Wasser gefüllt. Damit ist aus der ehemaligen Kohlegrube ein Paradies für Wassersportler entstanden.
Die  Zeche „Hermine Henriette“ hat sich nach dem Ende der Braunkohleförderung mit Wasser gefüllt. Damit ist aus der ehemaligen Kohlegrube ein Paradies für Wassersportler entstanden. Holger John

Halle (Saale) - Die Braunkohle hat die Gegend um Osendorf nachhaltig und bis heute stark verändert. Am sichtbarsten wird das am Osendorfer See. Einst die bekannte Zeche „Hermine Henriette“, ist die mit Wasser gefüllte Kohlegrube heute ein Refugium für Wassersportler. Der Hallesche Kanu-Club 54 (HKC 54) und der 1. Hallesche Drachenbootverein haben dort ihr Domizil.

Zur Geschichte der Region und auch zum Osendorfer See hat der bekannte Literaturwissenschaftler und Vorsitzender des Ortsvereins Halle der Goethe-Gesellschaft, Hans-Joachim Kertscher, umfassend recherchiert. Seine Forschungen hat Kertscher, der zudem Präsident des HKC 54 ist, in seinem Werk „Die Liebenau“ zusammengefasst.

Ammendorfer Revier mit der Förderung von Braunkohle

Im Jahre 1850 wurde demnach im Ammendorfer Revier mit der Förderung von Braunkohle in großem Maßstab begonnen. Die 1855 in Halle gegründete „Sächsisch-Thüringische AG für Braunkohleverwertung AG“ eröffnete 1857 bei Ammendorf den Tiefbau der Grube „Theodor“. 1859 wurde „Theodor“ mit der Grube „Neptun“ bei Osendorf zusammengeführt.

In unmittelbarer Nähe dieser Anlage, zu der auch das Braunkohlenwerk Ammendorf gehörte, befand sich die 1853 eröffnete Grube „Hermine Henriette“, die ab 1872 von der „Zeitzer Paraffin- und Solarölfabrik“ in Osendorf in der Nähe des „Dreierhauses“ betrieben wurde. Hier wurde bis 1928 Kohle abgebaut, nach 1945 füllten sich die Restlöcher mit Wasser - der Osendorfer See entstand. Döllnitzer Wassersportfreunde nahmen sich als erste des Sees unter der Leitung von Karl Kunitzsch an.

1923 wurde der Kanuclub Döllnitz gegründet

1923 wurde der Kanuclub Döllnitz gegründet, der damit die Grundlagen für den heutigen Kanusport - betrieben vom HKC 54 - auf dem See schuf. Der wiederum hat eine Besonderheit: Der Wasserspiegel des Osendorfer Sees, der keine Verbindung zu Fließgewässern hat, liegt unter dem Grundwasserspiegel. Zur Stabilisierung der Böschungen und des ökologischen Gleichgewichtes muss der Wasserspiegel auf 74 Meter über dem Nullpunkt gehalten werden. Das bewerkstelligen bis zum heutigen Tage Pumpen, die das Wasser in die nahe gelegene Reide einleiten.

Besucht man jetzt den Osendorfer See, sind immer noch die verheerenden Folgen des Hochwasser von 2013 zu sehen: Die Aufhängevorrichtungen für die Kanus und die weißen Kugellampen standen komplett unter Wasser. „Das Wasser stand fünf Meter höher als normal“, so Robin Preußler. Der 27-Jährige ist Vereinschef des HKC und denkt gemeinsam mit seinem Vize Mathias Neubert mit Schrecken an viele schwere Stunden, aber auch an skurrile Momente zurück „Wir sind mit unserem Kanu durchs Fenster des Vereinshaus gepaddelt“, erinnern sie sich.

Lange waren die Kanusportler heimatlos

Lange waren die Kanusportler heimatlos, sie fanden Hilfe und ein „Zuhause auf Zeit“ an Heide- und Hufeisensee. Dafür sind sie dankbar.

Seit einem Jahr nun sind sie wieder zurück und dürfen bis zur Sanierung durch Flutmittel einen Teilbereich nutzen. Die Mitgliederzahl indes ist seitdem rasant geklettert: 135 Sportler zählt der Verein, davon 45 Kinder. Derzeit wird hart trainiert auf dem Osendorfer See: Die Schulmeisterschaften stehen an - dieses Jahr noch einmal am Heidesee. (mz)