Stadtsportbund Stadtsportbund: «Mein eigener Wille»
Halle (Saale)/MZ. - Ganz am Ende, als er sich für die salbungsvollen Reden und die zahllosen Geschenke bedankt hatte, wurde der gerührte Hauptdarsteller dann noch energisch im Tonfall. "Ich gehe aus eigenem Willen!", sagte Steffen Forker. Dann erhob sich die im Vip-Raum des Erdgas Sportparks versammelte Sportprominenz der Saalestadt - etwa 150 Menschen - von den Stühlen und applaudierte stehend und aus tiefster Überzeugung. Nach 22 Jahren an der Spitze des halleschen Sports verabschiedete sich Steffen Forker, der Geschäftsführer des Stadtsportbundes (SSB), am Dienstagabend in den Ruhestand. Mit 62 Jahren. Ab 1. Januar übernimmt Oliver Thiel den Job.
Der Hinweis auf den eigenen Willen war Steffen Forker wichtig. Aus einem besonderen Grund. "Es waren viele schöne Jahre, aber zuletzt gab es die Tendenz: Das Geld wird knapper, der Ärger dagegen wächst", sagte er. Und er spürte sogar "Messer von allen Seiten" in seinem Rücken. Forker hatte deshalb einfach die Nase voll - speziell von einem Fall. Er gibt das Stichwort: "Bürgerarbeit."
Stolz ist er darauf, dass er über den Stadtsportbund im Laufe der Jahre tausende Langzeit-Arbeitslose in den Vereinen untergebracht hatte. Er stritt sich dafür mit Ämtern und Behörden. "Vielen wurde so geholfen", sagt er. Die Vereine bekamen dringend benötigte Helfer, die Arbeitslosen sinnvolle Aufgaben. Und der SSB, der nicht gerade üppige Zuschüsse bekommt, verdiente sich mit der Betreuung des Großprojekts etwas hinzu.
Dann wurden die Mindestlöhne angehoben. Die Entscheidung der Politik traf den SSB wie eine eiskalte Dusche. Das Budget, das mit anderen Zahlen kalkuliert war, reichte plötzlich nicht mehr. Der Sportorganisation drohte sogar der Ruin. 390 000 Euro für zweieinhalb Jahre fehlten. Und Forker kämpfte dagegen - wie Don Quichotte gegen Windmühlen, gegen bürokratische. Er versuchte, irgendwo noch öffentliche Gelder aufzutreiben. Vergeblich. Wenigstens einige Vereine gingen auf den Kompromiss des SSB ein, zahlten die Differenz - etwa 100 Euro pro Beschäftigten und Monat. Dennoch: Von den 150 Menschen verlor etwa die Hälfte den Bürgerjob. Forker, "der Diplomat, der es versuchte, immer allen recht zu machen", wie ihn HFC-Präsident Michael Schädlich in seiner Laudatio charakterisierte, der "Gutmütige", verzweifelte - und hatte keine Motivation mehr.
Das kam so auf der Veranstaltung nicht zur Sprache. Es war nicht der Moment dafür. Anekdoten, die Schädlich dem Auditorium preisgab, passten besser: Fünf Oberbürgermeister, sieben für den Sport zuständige Beigeordnete und vier Landessportbund-Präsidenten hat Steffen Forker erlebt, oder vielleicht auch "ertragen", wie Schädlich witzelte. Für den damals bankrotten HFC organisierte Forker sogar 1995 eine Benefiz-Veranstaltung - unterstützt auch von Ex-Pornostar Teresa Orlowski.
Steffen Forker, der Läufer auf den Distanzen von 200 Meter bis Marathon mit dem zweiten Vornamen Waldemar, sucht sich inzwischen neue Aufgaben. Er studiert am Seniorenkolleg der Uni, will "vielleicht wieder bei Studentenmeisterschaften starten", wie er lachend sagte. Bestimmt wird er Halles Sport erhalten bleiben. Schließlich will er "112 Jahre alt werden".