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Stadtrat Halle Stadtrat Halle: Macht, Geltung, Kränkung

Von felix Knothe 01.03.2013, 21:15
Wieder leere Stühle im Ausschuss: Der OB hatte eingeladen, obwohl erst am Dienstag verhandelt wird.
Wieder leere Stühle im Ausschuss: Der OB hatte eingeladen, obwohl erst am Dienstag verhandelt wird. Silvio Kison Lizenz

Halle/MZ - Bei der Mehrzahl der Bürger löst der Streit zwischen Oberbürgermeister Bernd Wiegand und Stadtrat Kopfschütteln aus - so auch bei prominenten Hallensern.

Zwar können die wenigsten die Hintergründe des Streits nachvollziehen, doch dass die Stadt so nicht vorankommt, liegt für alle auf der Hand. Da ist etwa HFC-Präsident und Wirtschaftsfachmann Michael Schädlich. „Die Wirkung ist nicht gut. Das ist nicht vertrauensbildend für die Bürger und auch nicht für Unternehmen.“ Schuld zuweisen will Schädlich aber nicht. „Wenn gewählter Stadtrat und gewählter Oberbürgermeister einander entgegenstehen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Klügere gibt nach, oder man findet jemanden, der vermittelt. Ein Patt heißt Stillstand, und Stillstand ist nicht gut für die Stadt.“

Ähnlich äußert sich Kathi-Geschäftsführer Marco Thiele: „Es ist klar, dass das kontraproduktiv ist. Aber es gibt keine Alternative: Alle müssen an einen Tisch.“ Sonst ließen sich die gravierenden Probleme Halles nicht lösen.

Lothar Philipp, Chef von Halles größter Gewerkschaft Verdi, schlägt in dieselbe Kerbe: „Beide Seiten müssen eine Form der Zusammenarbeit finden. Die reden nicht miteinander, so kommt es bei mir an. Blockieren geht nicht, aber es geht auch nicht, einfach alles selbst machen zu wollen“, meint Philipp, mit Blick auf die Fraktionen einerseits und Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) andererseits.

Marathon-Legende Waldemar Cierpinski meint: „Ich finde es richtig, Dinge zu verändern, aber das darf nicht unsachlich geschehen.“ Cierpinski hat sich die letzte Stadtratssitzung im Fernsehen angesehen. „Da gibt es offenbar mysteriöse Dinge im Rathaus, da frage ich mich als Bürger schon, ob da etwas im Argen liegt.“

Ausgesprochenen Verdruss mit dem politischen System äußert Halles bekanntester Dichter Wilhelm Bartsch: „Welcher Bürger soll das noch ernst nehmen? Mein Interesse jedenfalls hält sich da sehr in Grenzen. Ich habe Wiegand zwar gewählt, aber es war vielleicht eine Fehlentscheidung.“ Tiefere Ursachen für den Streit vermutet der bekannte hallesche Psychotherapeut Hans-Joachim Maaz: „Mir ist die Sache schon fast peinlich. So ein Knatsch ist immer unangenehm, doch wenn so etwas lange schwelt, sind meist nicht mehr konkrete Inhalte die Gründe, sondern tiefer liegende Dinge spielen eine Rolle: Macht, Geltung, Kränkung.“ Der evangelische Superintendent Hans-Jürgen Kant will die Hoffnung nicht aufgeben: „Ich sehe es positiv, wenn Leute streiten, denn Streit und Konflikte können auch voranbringen - wenn es am Ende zu guten Lösungen kommt.“ Dazu sei aber eine politische Kultur nötig, die ermögliche, immer auch zur Sachebene zurückzufinden. „Von einem Oberbürgermeister erwarte ich schon, dass er etwas durchsetzen will. Aber er muss auch ein guter Kommunikator sein.“