Schule mitten im Slum Schule mitten im Slum: Wie Hallenser in Kenia Waisenkinder unterstützen

Nairobi/Halle (Saale) - Johanna und Raphael haben mit ihren quietschgelben Geschenken einen Volltreffer gelandet. Kaum haben die beiden elf- und zwölfjährigen Geschwister aus Halle ihre Präsente übergeben, beginnen die erschöpften Gesichter kenianischer Waisenkinder an zu leuchten. An der Starkid School im Githigoro Slum in Nairobi trägt man jetzt Shirts der Grundschule Halle-Kröllwitz.
Seit knapp anderthalb Jahren leben die beiden Kröllwitzer mit ihren Eltern in der Hauptstadt Kenias. Ein großer Schritt für alle. „Mein Mann arbeitet hier für ein internationales Institut als Biologe“, erzählt Berit Kadoch-Lattorff. Ihren Mann Michael, der weltweit ein gefragter Bienenexperte ist, zog es beruflich nach Afrika. Seine Frau und die beiden Kinder zogen mit.
Kontakt von Kenia nach Halle nie abgebrochen
„Unser Kontakt nach Halle ist natürlich nie abgebrochen. Viele unserer Freunde verfolgen regelmäßig meinen NairobiBlog“, erzählt die Hallenserin. „Unsere beiden großen Söhne leben und studieren ja in Halle. Und auch zu meinen Kollegen aus dem Elisabethkrankenhaus habe ich noch regelmäßig Kontakt“, so die Ärztin weiter. „Auch die Kinder halten über WhatsApp Kontakt zu ihren alten Schulfreunden.“ Und so bleibt auch die Verbindung zur alten Grundschule in Kröllwitz.
Als der Schulförderverein im Sommer 2018 neue T-Shirts anschaffte, „überlegten wir gemeinsam, was man mit den restlichen Shirts machen sollte“, erzählt Pierre Heimbach vom Förderverein, der mit seinem Sohn die befreundeten Lattorfs vor einem Jahr in Nairobi besuchte. „Da kam uns die Idee mit Kenia.“
Ärztin aus Halle sieht in Kenia täglich unvorstellbare Armut
Eine passende Schule vor Ort war schnell gefunden. Johanna und Raphael besuchen in der Hauptstadt Kenias die sechste Klasse der German School, die eine Patenschaft mit dem Projekt „Starkid School & Rescue Center“ pflegt. Das Hilfsprojekt kümmert sich um benachteiligte Kinder aus zwei der ärmsten und gefährlichsten Slums Ostafrikas. „Die Schule liegt mitten im verhältnismäßig kleiner Githigoro Slum, in direkter Nachbarschaft zu den wohlhabendsten Stadtteilen. An den Grenzen liegen Schlösser und Blechhütten direkt nebeneinander“, erzählt die Ärztin.
Sie sieht täglich unvorstellbare Armut. Die meisten der 80 Kinder in der Schule sind Waisen. „Es mangelt dort einfach an allem.“ Untergebracht sind die Kinder in zwei kleinen rund 20 Quadratmeter großen Räumen, vollgestellt mit Dreistockbetten. Bis zu 40 Kinder wohnen in einem Raum. Die Hallenserin ist öfter in dieser Schule. „Manchmal behandele ich kranke Kinder, manchmal organisieren wir Hilfslieferungen, zum Beispiel Decken oder Tafelkreide.“ Mit ihren Gästen aus Deutschland besucht sie öfters die Schule. „Es ist wichtig, das Elend zu sehen, um zu begreifen“, so die Deutsche.
Zwölfjähriger aus Halle: „Es ist so schön, wenn man Kinder so einfach so glücklich machen kann“
Aus der Idee mit den T-Shirts wurde Realität. „Die haben eine lange Reise hinter sich“, erzählt Kadoch-Lattorff. Der Förderverein hatte sie im vergangenen Sommer nach Wustrow an die Ostsee gebracht, wo die Lattorffs ihre „Winterferien“ verbrachten. „Die Hälfte hat dann Platz in unseren Koffern gefunden. Die andere Hälfte hat meine Schwester im Oktober mitgebracht. Da die Schulen in Kenia aber von Mitte Oktober bis Anfang Januar Ferien haben, mussten wir uns mit der Übergabe ein wenig gedulden.“
Nun war es endlich soweit. „Ich bin mit Raphael und Johanna in den Slum gefahren.“ Dort warteten bereits Lehrer und aufgeregte Kinder auf die drei Hallenser. „Die Kinder haben mit unglaublicher Freude und Dankbarkeit reagiert“, freut sich die Ärztin. Auch für ihre eigenen Kinder ein besonderes Erlebnis. „Es ist so schön, wenn man Kinder so einfach so glücklich machen kann“, erzählt der zwölfjährige Raphael. Und die erst elfjährige Johanna sagte: „Mama, eigentlich müssten wir viel mehr tun. Es gibt so viele Dinge, die in Deutschland einfach weggeworfen werden. Und hier machen wir damit die Kinder so glücklich.“
Inzwischen hat sich auch die Direktorin der Starkid School, Rosalyn Kimatu, mit einer E-Mail in Halle bedankt. „Unglaublich welche Freude aus einer eigentlich sehr pragmatischen Aktion mit persönlichen und direkten Kontakt ausgelöst werden kann“, freut sich auch Fördervereinschef Uwe Neuner. „Beim Anblick der Bilder bin ich immer noch sehr berührt über die glücklichen Gesichter. Leuchtendes Gelb aus Halle sorgt für leuchtende Gesichter in Kenia.“ (mz)