Schicksal Große Ulrichstraße in Halle Schicksal Große Ulrichstraße in Halle: Angst vor Ramsch und Leere in der Einkaufsmeile

Halle (Saale) - Ein Mann ist in der Großen Ulrichstraße beinahe überall präsent: Martin Stutzer. Allerdings nicht leibhaftig, sondern nur auf großen Plakaten an den leerstehenden Geschäften mit der Aufschrift: Zu vermieten. Stutzer ist der Ansprechpartner der Maklerfirma 3-A-Immobilien, die im Moment mehrere Läden in der Großen Ulrichstraße anbietet.
Leerstand ist hier in den vergangenen Jahren zu einem bitterernsten Thema geworden. Elf Geschäfte sind zwischen dem Moritzburgring und dem Neuen Theater verwaist, das ist etwa ein Viertel der Läden. „Die Vermietung wird immer schwieriger“, sagte Stutzer auf MZ-Anfrage: „Dem hinteren Teil der Großen Ulrichstraße könnte ein ähnliches Schicksal wie dem oberen Boulevard drohen.“
Die Einkaufsmeile zwischen Riebeckplatz und Leipziger Turm gilt in Halle als der Prototyp der sterbenden Geschäftsstraße. Der Leerstand ist hoch, neue Mieter sind vor allem Billiganbieter. Auch einige Geschäftsleute in der Großen Ulrichstraße fürchten eine solches Schicksal. „Ich möchte nicht erleben, dass sich die Entwicklung des oberen Boulevards hier wiederholt“, sagt Michael Conrad, der seit mehr als 20 Jahren ein Lederwarengeschäft auf der Großen Ulrichstraße führt. Bis ins Jahr 2006 hatte er seinen Laden in einem der prominentesten Gebäude der Straße: dem prunkvollen Jugendstilhaus Döll an der Ecke zum Moritzburgring. „Dann zogen die Mieten unheimlich an, wir mussten dort raus, den Standort wechseln.“
Hohe Mieten
Hohe Mieten: Fragt man die Händler nach den Ursachen des derzeitigen Leerstands, wird dieser Faktor häufig genannt. Bei etwa zehn Euro pro Quadratmeter liegen die Preise derzeit in den marktfernen Bereichen der Straße - zu viel, sagt Conrad. „Ein Beispiel: In der Geiststraße gibt es weniger leerstehende Gewerbeflächen, die Preise sind dort niedriger.“
Die Mietpreise macht auch der Besitzer des Antiquariats Rotschildt, Per Jendryschik, für den Leerstand verantwortlich. „Die Mieten sind gemessen an der Kaufkraft einfach zu hoch.“ Doch für den Antiquar ist noch etwas anderes ursächlich für den hohen Leerstand: Der Umbau der Straße vor zwei Jahren. Monatelang war die Große Uli gesperrt, Fußgänger mussten auf Holzstegen laufen. „Die Kundenströme sind seitdem einfach anders geworden. Die Leute haben sich daran gewöhnt, nicht mehr durch die Große Ulrichstraße zu laufen“, sagt Jendryschik.
Langzeit-Baustelle, hohe Mieten: Nicht alle Betroffenen teilen die Thesen der Händler. Immobilien-Eigentümer Hans-Udo Ewald, dem eine Reihe von Objekten in der Straße gehört, sieht in erster Linie das Problem der fehlenden Ankermieter: „Problematisch ist, dass großen, prominente Filialen fehlen, die für Laufkundschaft sorgen könnten.“ Noch schwieriger sei die Situation durch die Schließung des McDonald’s-Geschäfts im Jahr 2014 geworden. „Halle hat bei den großen Filialisten derzeit einfach keinen guten Ruf“, sagt Ewald.
Auch Citymanager Wolfgang Fleischer schaut mit Sorge auf die Ränder der Innenstadt. „Wir brauchen eine professionelle Vermarktung der gesamten Altstadt.“ Dafür müsse sich die Stadtverwaltung um einen hauptamtlichen Mitarbeiter kümmern, der eine Strategie aus einer Hand entwickele.