Schafzucht im Saalekreis Schafzucht im Saalekreis: Überschattete Idylle

Saalekreis/MZ - „Sepp“, schreit Franz Buhst energisch und richtet den Zeigefinger nur kurz nach links. Der Hütehund sprintet los, schlägt einen Haken und treibt die zahllosen Merinolandschafe zu einer kreisrunden Herde zusammen. „Das war wirklich ein bescheidenes Jahr“, sagt Schäfer Buhst ernüchtert, während er über das abgeerntete Rapsfeld hinter dem Saaledeich bei Kreypau stapft. Erst der lange Winter, dann das wochenlange Hochwasser. „Wir ziehen unsere Lämmer normalerweise im Freien groß, die Wetterkapriolen haben uns bis jetzt viel Geld gekostet“, erklärt er seinen Frust.
Seit 1991 führt er zusammen mit seinem Bruder Andreas wieder einen Schäferbetrieb, der zuvor schon über Generationen hinweg in Familienhand war. Ihnen gehören 800 Mutterschafe. Wie lange sie noch durchhalten, sei ungewiss. Denn unterm Strich verdienen nicht nur die Gebrüder Buhst immer weniger, wie der Landesschafzuchtverband Sachsen-Anhalt beklagt.
Ein Hauptproblem sei, dass viele Schäfer nur zwischen 20 und 40 Prozent ihrer Einnahmen mit Fleisch und Wolle generieren. Der Rest komme aus Fördertöpfen. Das Geld erhalten sie für die Pflege von Grünflächen und vor allem auch Deichen. Die Geldgeber sind etwa die EU oder auch das Land. „Da die Förderung nach Fläche und nicht nach Tier erfolgt, erlösen Sie viel weniger Geld, als wenn Sie einfach nur eine Biogasanlage errichten“, sagt der Geschäftsführer, Hans-Jörg Rösler. Ein derber Einschnitt sei deshalb etwa der Wegfall der Mutterschafprämie vor gut zehn Jahren gewesen, bei der noch für jedes trächtige Tier Geld floss.
Für die einfache Beweidung von den mit Maschinen schwer zugänglichen Deichen erhalten die Schäfer vom Land pro Hektar 250 Euro, für die Komplettpflege 662 Euro. Aufgrund der allgemeinen Kostenentwicklung hatte das Land die Entgelte jüngst rückwirkend zum 1. Januar 2012 um jeweils 100 Euro angehoben. Eine Förderung pro Schaf lehnt das Umweltministerium hingegen ab. „Bei der Beweidung geht es um Deicherhaltung und nicht um die Erzeugung eines Produkts“, sagte eine Sprecherin.
Auch wegen der finanziellen Aussichten in dem körperlich fordernden Beruf gibt es in Sachsen-Anhalt immer weniger Nachwuchs - eine Branche droht deshalb langfristig auszusterben. Zehn Lehrlinge, so schätzt Verbandsgeschäftsführer Rösler, seien jedes Jahr nötig, um ausscheidende Schäfer zu ersetzen. „Die berufsbildenden Schulen im Saalekreis verzeichnen ein bis zwei“, sagt er.
„Meine Kinder lernen auch etwas anderes“, erzählt Franz Buhst. Der 55-Jährige zeigt dafür Verständnis. Die langen Tage auf den rund 150 Hektar Weidefläche, harte Preiskämpfe um Fleisch und Wolle und der zunehmende bürokratische Aufwand schreckten eben ab.
„Eins habe ich mir aber geschworen - sobald ich auch nur eine rote Zahl schreibe, höre ich auf“, sagt Buhst und gibt seinem Hund neue Kommandos.