Sanierung des Baraockpalais in Halle Sanierung des Baraockpalais in Halle: Denkmalpfleger stoßen auf bauliche Sensation

Halle (Saale) - Wer im Haus Brüderstraße 5 durch das inzwischen frei liegende Fachwerk-Gewirr tappt; „Bitte immer über den Balken laufen“, sagt Statiker Uwe Duderstadt; dem fällt vielleicht ein alter Otto-Waalkes-Witz ein: „Ein Mann kommt mit einem gegrillten halben Hahn zum Tierarzt: Ist da noch was zu retten?“ Denn das Ausmaß des Verfalls, die eingebrochenen Decken und völlig zerfressenen Balken in einem der wertvollsten Baudenkmäler Halles ist verheerend. Doch die Sanierung hat begonnen. Seit mehreren Monaten wird nun das Fachwerk im Haus vorsichtig freigelegt und das Gebäude entrümpelt.
Die Denkmalpfleger stießen dabei auf eine Überraschung: Halles vermutlich einzigen spätgotischen Keller. „Das Gewölbe stammt aus dem letzten Viertel des 15. oder dem frühen 16. Jahrhundert“, sagt Reinhard Schmitt, Bauforscher im Landesdenkmalamt. Für ihn ist der Fund eine kleine Sensation. „Bisher schien es beinahe so, als ob in Halle in dieser Zeit einfach nicht in Stein gebaut wurde. Was nicht sein konnte“, sagt Reinhard Schmitt. Identifiziert hat der Experte die Bauzeit des Kellers anhand der typischen Gestalt der Gewölbe. Das seit Jahrzehnten durch Schutt unzugängliche Gewölbe war bisher als romanisch bezeichnet worden.
Die Brüderstraße 5 ist jedoch nicht nur wegen des Kellers stadtgeschichtlich bedeutend. Unter anderem war es die Adresse der weltberühmten Medizinerfamilie Meckel. Später diente es Peter David Krukenberg als Heim, der 1817 bis 1840 darin wohnte und hier Halles erste Klinik einrichtete. Der spätgotische Keller ist der Rest des Ursprungshauses, das zurückgesetzt von der Brüderstraße stand. Um 1700 ist das heutige Gebäude entstanden, das wiederum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gründerzeitliche Umbauten erfuhr. Damals wurde beispielsweise eine Weinstube eingerichtet.
Vor sechs Jahren war der Abriss des verfallenen Baudenkmals beantragt worden, was das Landesverwaltungsamt jedoch verweigerte. Dagegen hatte der Eigentümer geklagt und die Behörde drohte an, wiederum ihn zu verklagen, weil er seiner Pflicht zum Erhalt des Kulturdenkmals nicht nachgekommen sei. Schließlich einigte man sich zwar, doch nach der öffentlich geförderten Gebäudesicherung wurde das Projekt als „unwirtschaftlich“ aufgegeben.
Tatsächlich scheint das Haus abbruchreif. Ist das prächtige Barockpalais nach Jahrzehnten des Leerstands noch zu retten? „Sicher. Wobei noch nicht ganz klar ist, wie viele originale Hölzer wiederverwendet werden können. Das untersuchen wir gerade“, sagt Statiker Uwe Duderstadt. Das Haus besteht aus massiven Außenmauern, in die praktisch ein Fachwerk gestellt wurde. Der Sanierungsplan besteht darin, diese Konstruktion komplett herunterzubauen. Der Dachstuhl ist bereits demontiert. Anschließend sollen Fachwerk und Dachstuhl um die barocke Stube samt wertvoller Stuckdecke im Erdgeschoss aufgebaut werden.
Bauherr ist die Saalesparkasse. Sie hatte das festgefahrene Rettungs-Projekt und die Sanierung im vergangenen Jahr übernommen. Acht Mietwohnungen entstehen. Rund 2,2 Millionen Euro soll die aufwendige Sanierung kosten, die nur durch eine Förderung von 1,2 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ wirtschaftlich möglich ist. Den Eigenanteil der Kommune übernimmt ebenfalls die Sparkasse. (mz)


