Saalekreis Saalekreis: Geschäftsflieger heben ab
OPPIN/MZ. - Wie kann David gegen Goliath punkten? Manchmal mit der kleineren Statur. Das ist bei Flugplätzen nicht anders. Geschäftsleute, die mit ihrer Cessna mal eben fix zum Geschäftstermin nach München oder Berlin jetten wollen, verzichten gern aufs Gewusel riesiger Airports und steigen bewusst am Flugplatz Oppin zu.
Für den Privatmann- und den Geschäftsflieger gewinnt der Flugplatz, der in diesen Tagen 40-jähriges Bestehen feiert, zunehmend an Bedeutung. Die gute, kaum staugefährliche Anbindung zu Halle, vergleichsweise preisgünstige Maschinen-Stellplätze, die schnelle, unkomplizierte Start- und Landeabfertigung aber auch die familiäre Atmosphäre haben diese Klientel in den letzten drei Jahren verstärkt angelockt.
Natürlich hat jeder seine Gründe. "Mir hat ein Privatpilot erzählt, der auf dem Flughafen Leipzig-Halle wegfliegen wollte, dass er sein Portemonnaie vergessen hat", berichtet Renate Scherbel, Geschäftsführerin der Flugplatzgesellschaft Halle / Oppin. Ergo musste der gute Mann umkehren. Bevor er wieder starten konnte, musste er das Prozedere von Sicherheits- über die Zollkontrolle bis zur Startgenehmigung erneut durchlaufen. Eine Stunde ist da gar nichts.
Und in Oppin? Da wäre er zurückgerollt, ausgestiegen, hätte sein Portemonnaie geschnappt und wäre erneut gestartet. "Die Geschäftsflieger machen mittlerweile 80 Prozent des Umsatzes aus", sagt die Chefin. Man setze hautsächlich auf den Verkehr mit Maschinen bis 5,7 Tonnen, für die der Flugplatz zugelassen ist. Das Umfeld wächst dabei mit den Aufgaben. 13 Firmen sind mittlerweile am Flugplatz ansässig, 75 Jobs sind entstanden, viele im Wartungsbereich. Scherbel nennt hier nur die drei privaten Flugschulen, die Piloten ausbilden und Rundflüge anbieten, eine Hubschrauberfirma, die Bundespolizei sowie die Hubschrauber-Rettungsstaffel und die Station der ADAC- Luftfahrttechnik.
Kaum ein anderer kennt die Zahlen des Unternehmens so genau wie Renate Scherbel. Von Haus aus Diplom-Ökonomin und Bilanzbuchhalterin hat sie diese seit 1984 im Blick - wenn auch in der Vergangenheit öfter besorgt. "Doch seit 2004 schreiben wir schwarze Zahlen", sagt die 56-Jährige.
Anschaulich wird dieser Trend anhand der Flugbewegungen. Wurden 1991 nur etwa 9 000 Starts und Landungen notiert, schwankt die Zahl jetzt zwischen 25 000 bis 28 000 pro Jahr. Das wird auch am Flugbenzin deutlich. "Im Moment werden über 600 000 Liter Kraftstoff im Jahr getankt."
Aber Renate Scherbel wünschte sich noch mehr Auftrieb in Sachen Finanzen. "Wir bräuchten dringend eine dritte Abstellhalle, um weitere Kunden an den Platz zu binden." Derzeit gibt es 28 Abstellplätze für Maschinen, die alle belegt sind, so die Chefin, die 2004 zur Geschäftsführerin bestellt wurde und sich durchboxen musste. "Die Fliegerei ist eine Männerdomäne", betont Scherbel, die am Handgelenk eine massive Hugo-Junkers-Uhr trägt. Bei den einschlägigen Geschäftsführertreffen habe sie oft als einzige Frau gesessen. "Es kam immer die Frage: Können Sie auch fliegen?" Es war eine Frage der Ehre und Akzeptanz, dass die Flugplatz-Chefin mit 51 Jahren ihren Flugschein machte. Das brachte auch neue Einsichten.
"Früher, als ich mit anderen mitflog, war mir das nicht ganz geheuer. Wenn ich heute selbst am Steuerknüppel sitze, verspüre ich absolute Sicherheit", sagt die Pilotin, die zum 40. Jubiläum an die Anfänge des Flugplatzes erinnert. Offiziell wurde der am 7. August 1971 in Betrieb genommen. Der alte Flughafen Halle-Nietleben wurde wegen der Ausweitung von Halle-Neustadt geschlossen. "Alte Unterlagen belegen, dass man bereits 1963 nach Ausweichstandorten suchte und 18 Standorte prüfte. Halle / Oppin machte das Rennen."
Der damals von der Gesellschaft für Sport und Technik betriebene Flugplatz diente zur Ausbildung von Segelfliegern und Fallschirmspringern. "Seinerzeit war das ein Leistungszentrum für Fallschirmsport mit Erfolg", so Scherbel. Von 1972 bis 1990 errangen die Oppiner Fallschirmspringer 31 Medaillen bei Weltmeisterschaften. Nach der Wende verwaltete die Treuhand den Platz, bis sich am 20. Dezember 1990 die heutige Flugplatzgesellschaft gründete, die 1993 das Areal von der Treuhand abkaufte. Gehalten wird der Platz von fünf Gesellschaftern. Hauptbeteiligt sind die Stadt Halle und der Saalekreis mit je 41,1 Prozent.