Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt Rollator-Ärger und Sorge ums Zentrum - MZ-Speed-Dating zur Kommunalwahl in Halle
Vor der Kommunalwahl hat die MZ zum Speed-Dating mit Bewerbern für den Stadtrat auf den Marktplatz eingeladen. Welche Themen Hallenser bewegen und welche Antworten die Kandidaten auf ihre Fragen haben.

Halle (Saale) /MZ. - Wählen zu gehen, ist für Heidrun Pfusch selbstverständlich. Doch nun hat die 72-Jährige aus dem Lutherviertel zum ersten Mal keine Wahlunterlagen erhalten. Um diese Angelegenheit zu klären, hat sie sich am Donnerstagvormittag in den Ratshof aufgemacht und legt anschließend einen Stopp beim MZ-Speed-Dating zur Kommunalwahl auf dem Marktplatz ein. Was man in Halle verbessern müsse, möchte Melanie Ranft (Grüne) von ihr wissen. „Mein Vermieter müsste ein Häuschen für Rollatoren aufstellen. Aber die Wiese vor unserem Block ist angeblich wichtiger“, beklagt die Seniorin.

Und möchte den Stadtratskandidaten nicht nur dieses Thema mit auf den Weg geben. Es sei generell schwierig, mit dem Rollator durch Halle zu kommen. Bordsteinkanten müssten abgesenkt werden, fordert sie. Wie verbunden sie mit der Stadt ist, zeigt ihr Ohrschmuck. Daran baumeln die fünf Türme aus echtem Silber.

Auch Dorothea Seefeld lebt eigentlich gern in Halle. Aber sie macht sich Sorgen, dass Menschen mit wenig Geld gar nicht die Kraft aufbrächten, sich groß für Politik zu interessieren. Darunter leide der Zusammenhalt in der Stadt, befürchtet sie mit Blick auch auf unfaires Verhalten gegenüber Politikern. Stadtratskandidat Fabian Borggrefe (SPD) hat im Wahlkampf selbst erfahren, wie es ist, angefeindet zu werden. „Mit Pöblern zu diskutieren, bringt nichts. Ich versuche, zu deeskalieren.“ Nahezu alle Parteien und Wählergruppen seien davon betroffen. „Das schweißt zusammen.“ Ohnehin empfindet er die Zusammenarbeit mit Kommunalpolitikern anderer Fraktionen als angenehm.

„Das Parteibuch sollte zweitrangig sein. Es geht um die Stadt.“ Aber sehen das alle Stadträte so? Katrin Engelhardt hat ihre Zweifel. Sie ist eigentlich zum MZ-Treff gekommen, um mit Vertretern der CDU zu sprechen. Doch die Christdemokraten haben ihren Wahlkampf ausgesetzt – mit der Begründung, nach den Attacken auf Politiker, Wahlhelfer und den inzwischen verstorbenen Polizisten in Mannheim ein Zeichen gegen Intoleranz zu setzen. Auch die AfD hat trotz Einladung keinen Vertreter geschickt.

Vom neuen Stadtrat wünscht sich Katrin Engelhardt mehr Sachlichkeit in den Sitzungen. „Ich bin entsetzt, was dort für ein Ton herrscht.“ Dabei gebe es wichtige Themen, die man beackern müsste. Den Leerstand in der Innenstadt beispielsweise. Letzterer bewegt auch Karin Schüttig aus Seeben. Welche Ideen er da habe, will sie von Hendrik Lange (Linke) wissen. Er könne sich vorstellen, dass ins Untergeschoss von Kaufhof eine Markthalle und Restaurants einziehen, im Keller vielleicht ein Klub. Aber letztlich sei das eine Entscheidung des Eigentümers.

Immer wieder machen auch Passanten am MZ-Infostand Halt, die ihr Fahrrad über den Marktplatz schieben – oft mit dem Wunsch nach mehr und besseren Fahrradwegen in der Stadt. Yvonne Krause (Freie Wähler) tritt da sprichwörtlich etwas auf die Bremse. Natürlich müsse neu gebaut werden, wo Wege bislang fehlten, aber „dort, wo es schon Radwege gibt, sollte man nicht unbedingt Geld in die Hand nehmen, nur um sie noch um ein paar Zentimeter zu verbreitern“. SPD-Kandidat Borggrefe widerspricht: „Fahrradwege sind ganz wichtig. Es kommt auf ein Miteinander an, damit der begrenzte Straßenraum gut verteilt wird.“

Um Verkehr geht es bei Die-Partei-Kandidat Thomas Schied. Karin Pordzik kritisiert die Umbaupläne, die mit dem neuen Zukunftszentrum verbunden sind. Der Riebeckplatz solle in seiner jetzigen Form nicht zerstört werden, und ein zusätzliches Hotel brauche die Stadt auch nicht. Schied sagt: „Als innerstädtisches Autobahnkreuz funktioniert der Platz.“ Aber wenn die Hallenser so viel Wert auf ihre Verkehrsinfrastruktur aus der DDR-Zeit legten, solle man die Hochstraße und den Riebeckplatz doch gleich zum Unesco-Welterbe erklären.

„In Halle kann ich mich gar nicht beschweren“, sagt MZ-Leserin Ilse Rosner. Sie ist nicht die Einzige, die lobende Worte über die Stadt loswerden möchte. Andere Passanten heben den Marktplatz und die Altstadt mit ihren Einkaufsmöglichkeiten und den schönen Häusern hervor.