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Rock gegen die Flut Rock gegen die Flut: Die wiedergefundene Stimme

Von Detlef Färber 25.08.2002, 18:15

Halle/MZ. - Die Folge war ein improvisiertes Konzert seiner Band Purple Schulz, das gerade deshalb vielen als denkwürdig in Erinnerung ist. Auch am Samstagabend auf der Peißnitzbühne begann der Bandleader mit ein paar krächzenden Tönen. Doch das zu der Zeit schon vieltausendköpfige Publikum quittierte den Scherz mit Gelächter. Denn rechtzeitig vor dem Benefizkonzert der Stadt Halle für die Opfer der Flutkatastrophe hatte der Popstar seine Stimme wiedergefunden.

Die Episode könnte fast als Gleichnis durchgehen für die ganze Aktion, mit der Rockmusiker nach dem sprachlosen Entsetzen der vergangenen Woche zur tätigen, in diesem Falle lautstarken Hilfe übergegangen sind. Manche von ihnen, wie etwa Mitglieder der halleschen Bands One und Nervous Breakdown, hatten zuvor schon auf den Dämmen und Deichen an der Elbe und Mulde mit Hand angelegt. Mit ihren kraftvoll und mitreißend vorgetragenen Cover-Songs der Bands U2 (One) und der Rolling Stones (Nervous Breakdown) sorgten die Musiker dann auch schon am frühen Abend für Stimmung auf einer da bereits gut gefüllten Wiese.

Den Anfang machte mit Shakin'' Hips eine teils neuformierte, den meisten hiesigen Rockfreunden in der Kerntruppe aber noch als Daisy Duck wohl bekannte Band, die mit ihren Reminiszenzen an die Zeit des Swing, des Rock ''n'' Roll und an Papa Elvis dafür sorgte, dass sich ein paar einzelne nachmittägliche Spaziergänger kurz entschlossen in Tänzer verwandelten. Verstärkt durch ein Bläser-Quartett bot die Truppe einen feinen und satten Sound.

Bei den beiden Hauptbands City und Purple Schulz zeigte sich am Abend dann, wie viele Hallenser nach der Absage des Laternenfests nicht umdisponiert hatten. Als Toni Krahl, Fritz Puppel und ihre Mannen von City gegen 22 Uhr in die Licht- und Nebelshow auf der Bühne hüpften, dürften - laut Schätzung der Organisatoren Jürgen Reichert und Michael Gründling vom Kulturbüro der Stadt - annähernd 10 000 Besucher auf der Wiese gewesen sein. "Die Musiker waren von der Stimmung hier beeindruckt", fasste Gründling anschließend zusammen. Die Hauptbands bestritten das Benefizkonzert, bei dem übrigens 6542,23 Euro von den freilich etwas unauffällig agierenden Spenden-Sammlern zusammengetragen wurden, mit stark reduzierten Gagen.

Die halleschen Bands musizierten - laut Gründling - sogar ganz umsonst. Dass das Programm insgesamt der Besonderheit des Anlasses angemessen gewesen sein dürfte, war der Eindruck vieler Besucher. Sowohl die Klassiker der Rockmusik am Nachmittag ermöglichten nämlich ein gewisses Zusammenrücken der Leute, wie auch die Songs der Hauptbands.

Denn beide hatten auch einige recht poetische Rockballaden zu bieten. Und am Ende sprach dann beim nicht enden wollenden Geigenschluchzen des berühmtesten Ost-Ohrwurms "Am Fenster" Toni Krahl den vom nahen Eindruck der Katastrophe aufgewühlten Menschen aus den Herzen: "Einmal wissen, dieses bleibt für immer ..." Vielleicht hat Toni, als er es in Halle sang, ja an das lange verschüttete Wissen um Bedrohung und die Notwendigkeit des Zusammenhaltens gedacht - und, dass gerade dies bleiben möge.