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Regionalgeschichte mit Liebe erforscht

Von CLAUDIA CRODEL 14.06.2010, 19:36

HALLE/MZ. - Nach ihm wurde eine Straße nahe des Technologie- und Gründerzentrums in Heide-Süd benannt. Jetzt versah die Bürgerstiftung Halle das Straßenschild mit einem Zusatzschild. Gespendet wurde es von den vier Kindern Erich Neuß', Elisabeth Schwarze-Neuß, Werner, Reinhard und Erdmann Neuß. Bis auf Reinhard Neuß, der in Clausthal-Zellerfeld zu Hause ist, waren die Nachkommen bei der Anbringung des Zusatzschildes zugegen. "Es freut uns sehr, dass unser Vater noch zu unseren Lebzeiten diese Ehre erfährt", sagte der jüngste Sohn, Werner Neuß.

"Erich Neuß (1899-1982) Stadtarchivar, Bibliotheksdirektor, Professor für Regionalgeschichte an der Universität Halle", ist auf dem kleinen Schild unter dem Straßennamen zu lesen. Neuß kam als Dreijähriger aus seiner Geburtsstadt Frankfurt am Main nach Halle. Schon als Kind habe er seine Umgebung in besonderer Weise erkundet. Er sammelte alte Knochen und Scherben auf Arealen, die für eine Neubebauung gedachten waren, beschreibt Werner Neuß.

Als 16-Jähriger gründete er an der Oberrealschule am Reileck einen Naturwissenschaftlichen Verein. Nach dem Krieg, 1920 kehrte er aus der Gefangenschaft zurück, studierte er Nationalökonomie (Volkswirtschaftslehre), Rechtswissenschaften und Geschichte. Er promovierte zum Thema "Die Entwicklung des halleschen Wirtschaftslebens vom Ausgang des 18. Jahrhunderts bis zum Weltkrieg". Danach übernahm er zunächst eine Tätigkeit bei der Industrie- und Handelskammer. 1928 bekam er die neu geschaffene Stelle des städtischen Archiv- und Bibliotheksdirektors. Mit der Machtübernahme der Nazis wurde seine städtische Karriere jedoch abrupt unterbrochen. Grund war eine von Neuß herausgegebene Festschrift zum Dienstjubiläum des damaligen Oberbürgermeisters Robert Rive, die bei der NSDAP auf großen Unmut traf. Nur sein Beamtenstatus bewahrte Neuß vor einer sofortigen Entfernung aus dem Dienst. Er erhielt eine untergeordnete Position und musste 1940 in den Krieg ziehen.

Ab August 1945 bis 1952 war er wieder Direktor des halleschen Stadtarchivs. Danach widmete er sich aber ganz seiner Forschungs- und umfangreichen Publikationstätigkeit. Er lehrte an der Potsdamer Fachschule für Archivwesen, habilitierte sich und wurde Anfang der 60er Jahre Professor an der halleschen Uni. Im Dezember 1982 verstarb er. Seine letzte Ruhe fand Neuß auf den Friedhof Nietleben.