1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Rathaus in Halle: Rathaus in Halle: Führerschein für Paternoster

Rathaus in Halle Rathaus in Halle: Führerschein für Paternoster

Von Jan Möbius 30.05.2015, 13:45
„Außer Betrieb“: Platten versperren im Erdgeschoss den Zugang zum Paternoster. Die Kabinen stehen seit 2011 still.
„Außer Betrieb“: Platten versperren im Erdgeschoss den Zugang zum Paternoster. Die Kabinen stehen seit 2011 still. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale) - Seit 2011 steht er still. Nicht, weil er kaputt ist. Der Tüv will es so. Und die Gewerbeaufsicht. Notschalter und Drehkreuze würden dem Paternoster in Halles Rathaus fehlen, hatten die Sicherheitsbehörden nach einem Unfall im Frühjahr vor vier Jahren diagnostiziert. Das Geld zum Nachrüsten fehlte ebenso und fehlt natürlich immer noch. Doch darüber, woher die halbe Million Euro kommen könnte, braucht sich Halles Rathausspitze nicht mehr den Kopf zu zerbrechen: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat den Paternoster-Betrieb jetzt deutlich eingeschränkt. Demnach darf, wenn überhaupt, nur noch eingewiesenes Personal den Umlaufaufzug benutzen. Paternosterfahren mit Führerschein also.

Der Unfall im Frühjahr 2011 war Anlass und Auslöser für das Ende des bei Rathausbesuchern überaus beliebten Paternosters. Seit 1929 drehte der Aufzug zwischen Keller und Dachboden des im selben Jahr aus Kapazitätsgründen hinter dem damaligen Rathaus gebauten Ratshofs seine Runden. Hundertausende nutzten den Paternoster seitdem unbeschadet. Bis sich eine Frau beim Versuch, eine der zwölf Kabinen zu besteigen, leicht verletzte.

Auf Instinkte vertrauen

Die Hallenserin hatte damals freilich keine Einweisung für Fahrten mit dem Rathaus-Paternoster bekommen. Wie wohl alle Benutzer des 86 Jahre alten Aufzugs musste sie auf ihren Instinkt beim Ein- und Aussteigen vertrauen. Anleitung gab es seinerzeit lediglich über Informationsschilder, die noch heute am stillgelegten Paternoster hängen. Gleich neben einem Notknopf - allerdings nur von außen zugänglich. Genau das aber reicht Tüv und Gewerbeaufsicht bisweilen nicht.

Was jetzt ja auch egal ist. Denn Arbeitsministerin Nahles untersagt in der von ihr vorgelegten neuen „Betriebssicherheitsverordnung“ ohnehin den Paternoster-Betrieb im öffentlichen Publikumsverkehr. Und das im Sauseschritt: Das Verbot tritt nämlich schon am Montag in Kraft. Zwar dürften ab dann die halleschen Rathausmitarbeiter, Nahles bezeichnet sie in ihrem Papier als Betriebsangehörige, mit den Kabinen-Ketten noch fahren. Eben aber nur mit Einweisung, also Paternoster-Führerschein. „Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Personenumlaufaufzüge nur von durch ihn eingewiesene Beschäftigte verwendet werden“, heißt es wörtlich in der neuen Verordnung. Zuwiderhandlungen, also Schwarzfahrten im Paternoster, können mit Bußgeld geahndet werden.

Aber keine Sorge: Ihre Akten müssen die Rathausmitarbeiter nicht von Etage zu Etage tragen. Dafür können sie normale Aufzüge nutzen. Es ist ja auch nicht zu erwarten, dass für sie die Paternoster nachgerüstet werden. Zumindest äußerte sich die Stadt dazu auf eine entsprechende MZ-Anfrage nicht.

In Halle gibt es übrigens noch zwei weitere Paternoster. Einen bisher öffentlichen im Statistischen Landesamt, der ab Montag auch nur noch von dort arbeitenden Paternoster-Spezialisten nach eingehender Einweisung genutzt werden darf - was beim Energieversorger EnviaM schon seit Jahren der Fall ist. (mz)