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Katar sorgt für Kontroversen Public Viewing in Halle: So bereiten sich Kneipen auf die Fußball-WM vor

Die einen wollen aus Protest das Turnier boykottieren, andere sind auf Einnahmen angewiesen. Und gibt es WM-Feeling auch auf dem Weihnachtsmarkt?

Von Dirk Skrzypczak Aktualisiert: 15.11.2022, 09:40
Matthias Brenner (links) will sich die WM nicht anschauen. „Unikum“-Chef Mirko Baderke hofft hingegen auf viele Fans zum Public Viewing.
Matthias Brenner (links) will sich die WM nicht anschauen. „Unikum“-Chef Mirko Baderke hofft hingegen auf viele Fans zum Public Viewing. Foto: Dirk Skrzypczak

Halle (Saale)/MZ - Matthias Brenner sitzt Sonntagabend im „Unikum“ nahe des Opernhauses und schaut Fußball. Freiburg spielt gegen Union Berlin in der 1. Bundesliga, und der Chef des Neuen Theaters fiebert mit den Eisernen mit. Ab Sonntag allerdings, wenn in Katar die Weltmeisterschaft läuft, will Brenner Fußballfasten. „Ich schaue mir kein Spiel an und finde es skandalös, dass die WM in einem Land ausgetragen wird, das Menschenrechte mit Füßen tritt“, sagt er. Dennoch sei es richtig, dass Fußball-Kneipen wie das Unikum Public Viewing anbieten. „Jeder sollte selbst entscheiden, ob er guckt oder nicht.“

Vor der WM: Wie steht es um das WM-Fieber in Halle?

Einen Kilometer Luftlinie vom Unikum entfernt spuckt Carsten Rothweiler, Chef des „Rosi’s“, angesichts der Katar-Diskussionen Gift und Galle. „Die Doppelmoral finde ich schlimm. Die korrupten Funktionäre der Fifa hauen sich die Taschen voll, und wir Kneiper sollen die Moralapostel spielen“, wettert Rothweiler. Nach den Corona-bedingten Dürrejahren und den explodierenden Kosten durch den Ukraine-Krieg sei er auf Einnahmen angewiesen. „Wir hangeln uns von einer Rechnung zur nächsten.“ Allerdings wage er keine Prognose, ob die Fans die Winter-WM auch annehmen. „Bei mir hat sich jedenfalls noch kein WM-Gefühl eingestellt“, sagt er.

Wie sein Unikum-Kollege Mirko Baderke will er an WM-Spieltagen bereits 14 Uhr öffnen. „Und je nachdem, wie das Wetter ist, hänge ich vielleicht draußen einen Fernseher auf. Dann können die Leute Glühwein trinken und Fußball gucken.“ Open air kommt für Baderke indes nicht in Frage. „Das macht wohl keinen Sinn. Und so gesehen ist der Zeitpunkt der WM schlecht für uns, weil er das Geschäft versaut. Im Sommer und bei schönem Wetter war bei uns immer viel los“, erzählt der Unikum-Betreiber. Auf dem städtischen Weihnachtsmarkt – während O du Fröhliche geträllert wird – soll es Torjubel hingegen offiziell nicht geben.

Fußball auf dem Weihnachtsmarkt in Halle - das sagt die Stadt

Zwar würden die Öffnungszeiten auf dem Markt zu den Spielen durchaus passen (freitags und samstags ist der Markt bis 22 Uhr offen, sonst bis 21 Uhr). Laut Stadtverwaltung ist Public Viewing auf dem Weihnachtsmarkt allerdings nicht vorgesehen. „Ebenso wird die Stadt keine eigenen Veranstaltungen zur WM anbieten“, so die Pressestelle. Gastronomen und Kneipen könnten vorbehaltlich der Übertragungsrechte auch in ihren Außenbereichen Fußball zeigen. „Betreiber können dazu Einzelanträge bei der Stadt stellen.“

Ganz auf die WM als Zugpferd setzt indes das Team vom „Club No 1“ an der Waisenhausmauer – allerdings nur zu den Spielen der Deutschen Nationalmannschaft. Dann soll sich der Club im ehrwürdigen Bankgebäude in eine Fanmeile verwandeln. „Wir haben eine Großbildleinwand und im Club verteilt fünf weitere Fernseher. Fußball zusammen zu gucken ist besser, als zu Hause alleine auf der Couch zu sitzen“, heißt es gegenüber der MZ. Allerdings stochern auch die Betreiber im Nebel. „Wie Millionen Deutsche fragen wir uns auch, ob in der Adventszeit ein WM-Feeling einsetzt. Alle schauen diesbezüglich in die Glaskugel.“ Immerhin lockt der Club mit einer Runde Schnaps bei jedem deutschen Tor – auf Kosten des Hauses.

Weihnachten und Fußball beißen sich hingegen nicht, glaubt Mirko Baderke vom Unikum. Ohne WM hätte es bis zum Fest schließlich Bundesliga und Champions League gegeben. „Jetzt haben wir halt Länderspiele.“

Die deutschen Spiele in der Vorrunde: 23. November, 14 Uhr, Japan; 27. November, 20 Uhr, Spanien; 1. Dezember, 20 Uhr, Costa Rica

Schauen Sie die WM? Das sagen Menschen in Halle

Clemens Ernst
Clemens Ernst
Foto: Skrzypczak

„Eine WM im Winter gab es noch nie. Mal sehen, ob Euphorie aufkommt. Als Fan freue ich mich auf Fußball. Ich finde es wichtig, dass man Missstände in Katar anspricht.“

 David Breitenbach
David Breitenbach
Foto: Matzulla

„Die WM ist eigentlich immer etwas Tolles. Aber die Umstände in Katar und die Frage der Menschenrechte werfen einen negativen Schatten auf das Turnier. Das trübt die Vorfreude.“

Uwe Willamowski
Uwe Willamowski
Foto: Matzulla

„Ich bin Fußballfan, werde die WM aber nicht verfolgen. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würden wir nicht mitspielen. Wie Katar die Menschenrechte verletzt, ist inakzeptabel.“

Marcel Fels
Marcel Fels
Foto: Matzulla

„Die Fifa muss bei einer WM-Vergabe darauf achten, wie das Land mit Menschenrechten umgeht. Ich werde die WM gucken. Es ist das erste Großereignis nach Corona.“