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Prozessauftakt zur Jobcenter-Affäre in Halle Prozessauftakt zur Jobcenter-Affäre in Halle: Teilerfolg Tempels deutet sich an

Von Felix Knothe 01.06.2015, 12:22
Schild «Agentur für Arbeit»
Schild «Agentur für Arbeit» dpa/Symbol Lizenz

Halle (Saale) - Die frühere Chefin des Jobcenters Halle Sylvia Tempel könnte mit ihrer Klage um Weiterbeschäftigung bei der Bundesagentur für Arbeit zumindest teilweise Erfolg haben. Der Prozess vor dem Arbeitsgericht Halle, den Tempel wegen ihrer Absetzung im vergangenen September und der anschließenden fristlosen Kündigung angestrengt hatte, nahm am Montag einen überraschenden Verlauf. So konnte die Bundesagentur für Arbeit, deren jahrelange Angestellte Tempel war, die Vorwürfe gegen Tempel nicht hinreichend beweisen. Das Urteil soll am 24.6. verkündet werden.

Richter Thomas Karting sah die Agentur in der Beweispflicht, weil Tempel eine aus seiner Sicht zumindest nachvollziehbare Version rund um die Geschehnisse auf ihrem Grundstück abgegeben hatte. Den Verweis der Vertreterin der Arbeitsagentur Silvia Rau auf anderslautende Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft ließ Karting nicht gelten: Für die von der Bundesagentur behauptete Vorteilsnahme im Amt gebe es "keinen Beweis."

Im Herbst 2012 hatten Ein-Euro-Jobber des Bildungsträgers BBW auf dem Grundstück Sylvia Tempels gearbeitet, um dort Gegenstände einer Ausstellung aus der Neuen Residenz in Halle wieder aufzubauen. Tempel zufolge habe es dafür eine mündliche Vereinbarung mit der Leiterin des Projekts in der neuen Residenz gegeben, außerdem habe sie später 600 Euro gezahlt. Sie sei davon ausgegangen, dass BBW-Angestellte die Arbeiten ausführen würden. Weil so Aussage gegen Aussage steht, und die Arbeitsagentur keine weiteren Beweise anführte, gehen Prozessbeobachter von einem Teilerfolg aus. "Wir werden den Prozess gewinnen", gibt sich Tempels Anwalt Uwe Berthold überzeugt. Er räumte allerdings ein, dass der Vorgang von 2012 "ein Geschmäckle" habe. Dennoch sei eine Kündigung nicht gerechtfertigt.

Im Prozess kamen auch weitere Vorwürfe der Bundesagentur gegen Tempel zur Sprache. So soll sie einen Fahrer des Jobcenters beauftragt haben, ihren Sohn aus dem Krankenhaus in Köthen abzuholen. Auch soll sie ihren Dienst-PKW privat genutzt haben. Tempels Anwalt bezeichnete die Vorwürfe als unzutreffend. Für das Verfahren waren sie unerheblich, weil die Bundesagentur ihre Kündigung nicht darauf gestützt hatte. Sollte die Kündigung für unwirksam erklärt werden, würde Tempel dennoch wohl nicht an die Jobcenter-Spitze zurückkehren. Denn dass die Abberufung im September ordnungsgemäß erfolgt ist, daran ließ Richter Karting in der Verhandlung keinen Zweifel. Auch der nachträgliche Versuch von Oberbürgermeister Bernd Wiegand, in der Trägerversammlung die Entscheidung rückgängig zu machen, sei gescheitert, weil Stadt und Agentur in jener Sitzung nicht einstimmig votiert hätten. (mz)