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Prozess gegen Adrian Ursache Prozess gegen Adrian Ursache: Einblick in die wirre Welt von Ur

Von Steffen Könau 22.02.2018, 15:00
Adrian Ursache inszeniert sich vor Gericht als Verfolgter der Staatsmacht.
Adrian Ursache inszeniert sich vor Gericht als Verfolgter der Staatsmacht. Steffen Könau

Halle (Saale) - Er ist kein guter Tag für den Angeklagten, dieser 20. Verhandlungstag im Landgericht Halle, vor dem sich der aus Reuden in der Elsteraue stammende frühere Unternehmer und „Mister Germany“ Adrian Ursache seit Oktober vergangenen Jahres wegen versuchten Mordes verantworten muss.

Erst erleidet die Verteidigung eine ganze Reihe von Niederlagen, als der Vorsitzende Richter Jan Stengel gleich mehrere Anträge der Ursache-Anwälte abschmettert. Weder soll ein medizinscher Sachverständiger noch einmal gehört werden, noch sieht die Strafkammer eine Veranlassung, ein neues Gutachten über die Schussgeräusche anfertigen zu lassen.

Richter im Prozess gegen Adrian Ursache: Die bisherigen Gutachten reichen

„Die bisherigen Gutachten reichen“, so Stengel, der auch den Beschluss der Kammer verkündete, Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) nicht in den Zeugenstand rufen zu wollen. Die drei Verteidiger hatten das bereits vor längerer Zeit beantragt, damit Stahlknecht bestätige, dass bei einem SEK-Einsatz wie dem am 25. August 2016, bei dem rund 150 Beamte das Grundstück des Angeklagten gestürmt hatten, um eine Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher möglich zu machen, nach sachsen-anhaltischem Landesrecht stets ein psychologisch ausgebildeter Verhandler vor Ort sein müsse. Dessen Fehlen erst, so hatte Verteidiger Manuel Lüdtke argumentiert, habe die Eskalation in Reuden möglich gemacht. Bei einer Schießerei zwischen Polizeibeamten und Ursache war der 43-Jährige schwer und ein Beamter leicht verletzt worden.

Stahlknechts Aussage sei nicht notwendig, weil sie nichts zur Klärung der Frage beitragen könne, ob ein eventuell anwesender Verhandler den Geschehensverlauf hätte beeinflussen können. Kleiner Sieg der Verteidigung: der LKA-Waffenexperte Axel K., den das Gericht bereits einmal gehört hat, wird zum nächsten Verhandlungstag noch einmal geladen, um inzwischen aufgetauchte Unklarheiten um das aufgefundene Geschoss zu bereinigen, das aus Ursaches Revolver stammen soll.

Adrian Ursache im Video: „Stasi“, „Bastarde“, „Drecksau“ und „Faschisten“

Ein Video, das der Angeklagte im Vorfeld der Räumung in Reuden erstellt hatte, verdeutlichte bei der Vorführung im Gerichtssaal dann noch einmal, weshalb Adrian Ursache von den Behörden als gefährlicher Reichsbürger eingeordnet wird. In dem aus Fotos und bewegten Szenen zusammengeschnittenen Lehrfilm monologisiert der Vater zweier Kinder über mehr als eine Stunde lang über seine Weltsicht. Unterbrochen von üblen Beschimpfungen von Gerichtsvollzieher, Justizangestellten und Polizisten als „Stasi“, „Bastarde“, „Drecksau“ und „Faschisten“ referiert Ursache hier gegen die „Faschistenorganisation BRD“, die er für illegitim und grundgesetzwidrig halte.

Sein „Staat Ur“ habe sich hingegen „für die DDR entschieden“ und er fordere alle seine Anhänger dazu auf, sich ebenfalls zur Verfassung der DDR zu bekennen. Aus seiner Sicht seien alle Schulden, die das „System“ (Ursache) den Menschen aufbürde, indem es sie zu „Personen2 erkläre, fiktiv, weshalb auch das Vorgehen der Banken und Behörden in seinem Falle nicht rechtmäßig gewesen sei.

„Wir werden uns all die vier oder fünf Millionen Bastarde holen, die dafür Verantwortung tragen“, drohte Ursache. Dabei werde es „diesmal nicht wie am Ende des Zweiten Weltkrieges nur wenige Todesurteile geben“. Eine Einlassung des Angeklagten nach der Filmvorführung ließ der Vorsitzende Richter nicht mehr zu, obwohl Ursache vehement das Wort verlangte. Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt. (mz)