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Post-Sekretär war Gründer

Von HEIDI POHLE 17.05.2010, 16:10

HALLE/MZ. - Das Interesse muss riesengroß gewesen sein. Trotz vorgerückter Stunde waren am Abend des 24. Oktober 1910 rund 400 Leute zusammengekommen, um im Café "Wintergarten" einen gemeinnützigen Bauverein zu gründen. Denn damals war es gar nicht so einfach, eine Wohnung und noch dazu eine preiswerte, zu finden. In Halle herrsche ein besonders großer Mangel an erschwinglichen Kleinwohnungen, wie es damals hieß. Und eben diesen Mangel wollte der neu gegründete Verein beheben.

An diesen Anfang und die 100-jährige Unternehmensgeschichte erinnert eine Ausstellung im Bauverein Halle & Leuna, die in der Neustädter Hemingwaystraße 19 bis Anfang Juni zu sehen ist. Der Bauverein für Kleinwohnungen fusionierte vor rund vier Jahren mit der Wohnungsgenossenschaft Leuna zum Bauverein Halle & Leuna.

Protokoll in Sütterlinschrift

Der Gründervater des Bauvereins vor 100 Jahren war Gustav Balke. Der Post-Sekretär leitete auch die Auftakt-Versammlung und wurde der erste Vorsitzende der Genossenschaft. Das Gründungsprotokoll in gestochen feiner Sütterlinschrift ist noch erhalten. Die "Übersetzung" wird ebenso gezeigt wie ein Foto des Gründers.

Bereits 1911 und 1912 herrschte eine rege Bautätigkeit, wobei fast alles in Eigenleistung entstand, um die Kosten niedrig zu halten. Zur Finanzierung gewährten Eisenbahn- und Reichspostverwaltung sowie die Sparkasse Darlehen.

1912 hatte der Bauverein bereits fast 1 500 Mitglieder. Die ersten 100 Wohnungen wurden Ende 1914 in der Gartenstadt am Mühlrain bezogen, wie man die spätere Julius-Kühn-Straße nannte (heute ist es das Thaer-Viertel). Es waren kleine Wohnungen, die aber für damalige Verhältnisse mit Bad und Gasanschluss gut ausgestattet waren, erzählt Wolfgang Möller, Leiter Rechnungswesen im Bauverein, der die Ausstellung mit Azubi Sarah Schmied vorbereitet hat.

Auch während des Ersten Weltkrieges konnten trotz Materialknappheit und horrender Preise Häuser fertig gestellt werden. 1921 zogen dann die ersten Leute in kleine, bezahlbare Wohnungen hinter dem Bergmannstrost-Krankenhaus ein sowie am Johannesplatz. Ein paar Jahre später ging es am Lutherplatz weiter. Eine Bilanz von 1935 weist 3 754 Wohnungen aus.

Ständiger Kampf um Material

Im Zweiten Weltkrieg ruhte die Bautätigkeit, danach ging es darum, zerstörte Häuser instand zu setzen. Zu DDR-Zeiten wurde aus dem Bauverein für Kleinwohnungen die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft für Kleinwohnungen. Diese Zeit war geprägt von einem ständigen Kampf um Material, um die Häuser erhalten zu können. Nur mit Geschick und persönlichem Einsatz gelang es, viele Gebäude zu erhalten.

Nach der Wende konnten in den 90er Jahren insgesamt 2 437 Wohnungen saniert und sämtliche Häuser modernisiert werden. Einige Objekte wurden verkauft, andere erworben. Derzeit gehören zum Bauverein Halle & Leuna 9 625 Wohnungen hauptsächlich in Halle, Merseburg und Weißenfels.

Die Ausstellung ist zu sehen montags und mittwochs von 9 bis 12 Uhr, dienstags von 7.15 bis 12 Uhr und 13 bis 18 Uhr, donnerstags 9 bis 12 Uhr und 13 bis 18 Uhr.