Halberstädter Erklärung „Politik muss sich an Lebenswirklichkeit orientieren“ - Halle droht Verlust von bis zu 11 Millionen Euro
Widerstand gegen Zensusdaten: Die Stadt Halle zählt zu den Verlierern der Bevölkerungszählungen - was Einnahmeverluste bis zu 11 Millionen Euro zur Folge haben könnte. Mit anderen Kommunen fordert sie nun eine Änderung.

Halle/Halberstadt/MZ. - Die Zahl der Kommunen in Sachsen-Anhalt, die die Zensus-Erhebungen als Grundlage der Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) kritisieren, erhöht sich weiter: Rund 25 Vertreterinnen und Vertreter der kritischen Kommunen und Gebietskörperschaften – darunter die Oberbürgermeister von Halle (Saale), Weißenfels, Merseburg, Bitterfeld-Wolfen, Halberstadt und Burg – trafen sich am Dienstag, 20. Mai 2025, zum Gedankenaustausch in Halberstadt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verständigten sich auf die sogenannte „Halberstädter Erklärung“.
„Halberstädter Erklärung“ soll Druck auf Politik erhöhen
Die Unterzeichner fordern darin, die Daten aus den jeweiligen kommunalen Melderegistern als Grundlage für die FAG-Zuweisungen an die Städte und Gebietskörperschaften zu nutzen, nicht die Zensus-Erhebungen. Die Stadt Halle (Saale) vertritt diesen Standpunkt bereits seit vergangenem Jahr. Mit ihrer Aktion „Halle zählt selbst“ hatte die Stadt ihre Position plausibel untersetzt und einen wegweisenden Impuls gesetzt.
Dr. Alexander Vogt, Oberbürgermeister der Stadt Halle, betont: „Die übergeordnete Politik muss sich – insbesondere, wenn sie unmittelbare Wirkung in den Kommunen erzielt – an der Lebenswirklichkeit orientieren. Es ist nicht hinnehmbar, dass die realistischen Daten der Melderegister nicht als Grundlage des FAG zur Anwendung kommen. Mit der ,Halberstädter Erklärung‘ setzen wir gemeinsam ein starkes Zeichen und erhöhen den Druck auf die politischen Akteure im Land. Unser konsequentes Handeln ist notwendig, um auf die finanzielle Lage der Kommunen aufmerksam zu machen. Es ist gut, dass die betroffenen Gebietskörperschaften an einem Strang ziehen.“
Stadt Halle: Einnahmeverluste bis zu 11 Millionen Euro pro Jahr
Die Stadt Halle ist von den möglichen finanziellen Folgen der Zensus-Erhebungen unter den Kommunen in Sachsen-Anhalt am stärksten betroffen. Oberbürgermeister Vogt dazu: „Der Zensus 2022 hat für ganz Sachsen-Anhalt ein Minus von 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner hochgerechnet. Fast das hälftige Minus, nämlich rund 17.000 Einwohner, verzeichnet laut Zensus die Stadt Halle. Für unsere Stadt könnte dies Einnahmeverluste von bis zu elf Millionen Euro pro Jahr bedeuten.“ Der Zensus 2022 hat für die Stadt Halle eine Einwohnerzahl von lediglich rund 226.500 ermittelt. Das städtische Melderegister weist aktuell 242.517 Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz aus.
Die Stadt Halle hatte als eine der ersten Kommunen in Deutschland bereits im Mai 2024 die Ergebnisse der Daten-Erhebung des Zensus 2022 kritisiert und die Aktion „Halle zählt selbst“ gestartet. Dabei wurden mehrere Plausibilitätsprüfungen der Zahlen des städtischen Melderegisters durchgeführt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass das Melderegister der Stadt die tatsächliche Einwohnerzahl mit einer hinreichenden Genauigkeit abbildet. Die statistischen Hochrechnungen des Zensus 2022 haben sich nicht bestätigt. Keine der Plausibilitätsprüfungen ergab Abweichungen, die in absoluten wie prozentualen Werten das Zensusergebnis 2022 widerspiegeln. Die Stadt hatte im November eine entsprechende Stellungnahme an das Statistische Landesamt übermittelt. Ein abschließender Bescheid des Amtes an die Stadt Halle (Saale) steht bis heute aus.