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Pionier der DDR-Medizin Pionier der DDR-Medizin: Welche Schicksalschläge Heinz Rockstroh ertragen musste

Von Bärbel Böttcher 28.01.2018, 11:00
Heinz Rockstroh mit Ehefrau Gerda.
Heinz Rockstroh mit Ehefrau Gerda. Familienarchiv

Halle (Saale) - „Er war ein Familienmensch“, sagt Gerd Rockstroh über seinen  Vater, den Mediziner Professor Heinz Rockstroh. Mit Frau und den drei Söhnen war der Chirurg 1956 von Aue im Erzgebirge nach Halle gegangen. Hier legte er auch auf dem Gebiet der Urologie  eine Facharztprüfung ab.

Und wurde zum Pionier der DDR-Transplantationsmedizin. 1966 führte er die erste Nierentransplantation durch. „Die Familie hat regen Anteil an der Arbeit des Vaters genommen“, erzählt Gerd Rockstroh, ältester von drei Brüdern.

Rivalität mit anderen Medizinern

Er habe seine Söhne sogar für wissenschaftliche Hilfsarbeiten eingespannt. Eine Frage sei allerdings nicht vor den Kindern diskutiert worden: Soll der Mediziner seine Teilnahme an Kongressen im westlichen Ausland nutzen, um die DDR zu verlassen?

Nahmen ihn doch die Rivalitäten mit Berliner Medizinern, die die erste Nierentransplantation für sich reklamierten, stark mit. Auch der Universitätsbetrieb, in dem ständig die Stasi präsent gewesen sei, in dem ständig Bekenntnisse zu Staat und Partei gefordert wurden, habe ihn belastet, erinnert sich der Sohn.

Söhne flohen in die BRD

„Es war vor allem die Verantwortung gegenüber seinen Patienten, die ihn davon abgehalten hat, der DDR den Rücken zu kehren“, sagt er. Umso schmerzlicher traf es den Vater, dass sich seine Söhne anders entschieden.

1972 ist Gerd Rockstroh in den Westen geflohen. 1974 folgte sein mittlerer Bruder, 1984 der jüngere. Als die ersten beiden   gegangen waren, da hielt der Professor noch Vorlesungen. Vor den Studenten sollte er sich von den Söhnen distanzieren. Was er nicht tat. „Merkwürdigerweise“, so sagt Gerd Rockstroh, „hat das seiner Karriere unmittelbar nicht geschadet.“

Frau verunglückte tödlich

Er sei später sogar noch für zwei Jahre Klinikdirektor gewesen.  
1975 traf den Mediziner ein noch ungleich schwererer Schicksalsschlag. Seine Frau verunglückte tödlich. „Seitdem war mein Vater ein schwer angeschlagener Mann“, sagt der heute 72-jährige Sohn.

„Die Familie, sein Lebensinhalt, war nun endgültig zerbrochen.“  
Das jähe Karriereende des Mediziners kam 1980 nach einer Beratung in Berlin. Was dort genau passierte, ist nicht überliefert.  Auf jeden Fall sei die  Auseinandersetzung um die Frage, wer die erste Niere transplantiert hat, eskaliert. 

Klinikverbot für den Mediziner

Gerd Rockstroh vermutet, sein Vater könnte dabei auch recht undiplomatisch aufgetreten sein. Jedenfalls erhielt  er von einem Tag auf den anderen Klinikverbot. Dem jüngsten der Söhne gelang es, dem Vater einen Invaliden-Status zu verschaffen. 

Er wurde dann 1982 emeritiert. 1985 siedelte Heinz Rockstroh   in die Bundesrepublik über. Den Lebensabend verbrachte er in der Nähe der Söhne und Enkeltöchter.  Der Familienmensch war noch einmal glücklich, bevor er am 10. März 1987 nach einem Herzinfarkt starb. (mz)