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Pflegenest statt Heim? Pflegenest statt Heim?: Projekt der Jugendwerkstatt soll Kindern eine Zuhause geben

Von Silvia Zöller 14.08.2020, 11:30
Kinder wie dieser Junge suchen ein liebevolles Zuhause. Dazu gibt es nun ein neues Projekt in Halle.
Kinder wie dieser Junge suchen ein liebevolles Zuhause. Dazu gibt es nun ein neues Projekt in Halle. Zöller

Halle (Saale) - Acht Kinder sind es, die zurzeit in der In-Obhut-Nahme der Halleschen Jugendwerkstatt leben - viele von ihnen schon seit Monaten oder Jahren. Dabei soll die Stelle eigentlich nur eine kurze Station sein, weil es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist, dass diese Mädchen und Jungen im Kleinkindalter zu Hause aufwachsen.

Ein Projekt, das im Salzlandkreis bereits erfolgreich läuft, könnte nun auch für diese Kinder und weitere Mädchen und Jungen aus Halle eine Chance auf ein neues Zuhause bieten. die Pflegenester.

Betreuung von Pflegekindern soll zum Job werden

„Dabei übernehmen Familien oder auch Einzelpersonen die Betreuung von Kindern und erhalten neben dem Pflegegeld auch ein Gehalt für eine sozialversicherungspflichtige Arbeit“, erklärt Anna Manser, Geschäftsführerin der Halleschen Jugendwerkstatt. Das Gehalt entspreche für ein Kind einer halben Stelle auf Mindestlohnniveau, für zwei Kinder einer ganzen Stelle.

Denn: Wer bislang ein Kind als Pflegekind betreut hat, erhielt dafür weder Rentenpunkte noch war er sozialversichert. Mit dem neuen finanziellen Anreiz sollen mehr Menschen gefunden werden, die Kinder betreuen können. Denn da bestehe großer Bedarf, so Anna Manser: „Das Jugendamt hat uns gebeten, dieses Projekt zu installieren, da zusätzliche Plätze gebraucht werden. Es mangelt an Pflegeeltern“, sagt sie.

Halle bietet Bereitschaftspflegefamilien für Kinder

Katharina Brederlow, Beigeordnete für Bildung und Soziales, mildert dies etwas ab und betont, dass es nicht zu Wartezeiten komme, wenn ein Kind außerhalb der Familie untergebracht werden muss. „Entsprechend des Bedarfs werden umgehend Betreuungs- und Pflegemaßnahmen eingeleitet. 

So stehen in Halle Bereitschaftspflegefamilien zur Verfügung, die eine vorübergehende Betreuung der Kinder übernehmen, bis die Perspektive geklärt ist und eine dauerhafte Unterbringung in Pflegefamilien oder im Heim umgesetzt werden kann“, sagt die Beigeordnete.

Eignungsprüfung geben und Vorbereitungskurse für die Aufnahme von Kindern

In den „Pflegenestern“ sollen die Kinder jedoch langfristig untergebracht werden. Gesucht werden hierfür Männer und Frauen ab 25 Jahre, sei es als Paar oder Einzelperson, „die der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen“, betont Anna Manser. Weitere Voraussetzungen sind ein Realschulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein Führerschein.

Ob die Person eigene Kinder hat oder nicht, ist dagegen nicht entscheidend. Auch eine pädagogische Ausbildung ist nicht erforderlich. Weiter wird es eine Eignungsprüfung geben und Vorbereitungskurse, später sind die enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und die Absicherung der Kontakte zu den leiblichen Eltern Aufgaben.

Kontrolle des „Pflegenest“ durch Hausbesuche und Hoheit bleibt beim Jugendamt

Da die Betreuer direkt bei der Jugendwerkstatt angestellt sind, begleitet die Jugendwerkstatt auch die Familien. „Wir machen Hausbesuche, führen Hilfeplangespräche und fragen Entwicklungsberichte der Kinder ab“, listet Anna Manser auf. Genau das sei der Unterschied zu einer Adoption: Ein „Pflegenest“ ist ein Anstellungsverhältnis; die Hoheit über Entscheidungen, die das Kind betreffen, bleibt beim grundsätzlich beim Jugendamt.

Wie die künftigen Pflegeeltern mit den Kindern zusammen kommen, beschreibt Anna Manser: Zunächst gibt es eine Anbahnungsphase, in der man schaut, wie Kinder und Eltern zusammenpassen - das geschieht beim ersten Treffen. Wenn das klappt, kann es dann auch mal gemeinsame Ausflüge oder auch eine erste Übernachtung bei den neuen „Eltern“ geben. Erst dann entscheidet sich, ob das Kind in das „Pflegenest“ kommt.

››Mehr Infos und Kontakt: [email protected] (mz)