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Pferdesport Pferdesport: «Es ist wie beim ersten Mal»

Von GOTTFRIED SCHALOW 22.09.2011, 19:21

Halle (Saale)/MZ. - Es ist tatsächlich fast elf Monate her, da fand auf den Passendorfer Wiesen in Halle das letzte Galopprennen statt. Elf Monate Zwangspause wegen des katastrophalen Hochwassers im Winter. 7,07 Meter hoch stand die Saale, so hoch wie seit 1929 nicht mehr. Der Fluss riss alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Elf Monate, einschließlich der Absage von zwei fest eingeplanten Renntagen, hat es gedauert, bis auf der Bahn erstmals wieder Rennen gelaufen werden können. Am Sonnabend ab 14 Uhr gehört unter anderem der Preis der Mitteldeutschen Zeitung als Hauptereignis zum Programm.

"Es ist wie beim ersten Mal", sagt Andreas Neugeboren vor dem Neustart. Neugeboren ist seit zwanzig Jahren praktisch mit der Rennbahn in Halle "verheiratet" - abwechselnd als Rennbahn-Moderator, als Pferdebesitzer und aktuell als Vize-Präsident des Rennclubs Halle. "Die Bahn liegt nunmal in einem Überflutungsgebiet, damit müssen wir leben. Auch in Zukunft", sagt er. Aber: Noch nie hat dem Verein und damit dem gesamten Galopprennsport des Wasser so zugesetzt wie in diesem Jahr. Heute sagt Neugeboren entwaffnend ehrlich: "Ich war nahe dran aufzugeben."

Das Wasser hatte viele, auf den ersten Blick unsichtbare Schäden hinterlassen. Der Parkettfußboden im Erdgeschoss der denkmalgeschützten Tribüne war unbrauchbar, ebenso der größte Teil der Elektrik und der Sanitäranlagen. "Wir haben den ganzen Sommer über an einer dauerhaften Lösung gearbeitet und vieles abgerissen", sagt Bernd Bielecke, Betriebsleiter des für die Rennbahn in Halle zuständigen Eigenbetriebes Zentrales Gebäudemanagement. Nicht alles ist bis zum ersten Renntag fertig geworden. Zum Beispiel die Wettschalter. Deswegen wird am Sonnabend ein provisorischer Pavillon vor der Tribüne aufgebaut. "Im Frühjahr müssen noch weitere Teile der Tribüne abgerissen werden. Dann wird einiges auf Stelzen gebaut, um für das nächste Hochwasser besser gerüstet zu sein", sagt Bielecke. Erst dann wird auch endgültig feststehen, was die Reparaturarbeiten der Stadt Halle, die Eigentümer des Geländes ist, tatsächlich gekostet haben. Es wird wohl eine sechsstellige Summe sein.

Vier Renntage hatte Halle in diesem Jahr geplant, nur zwei sind am Ende übrig geblieben. Der erste am Sonnabend, der zweite traditionsgemäß am Reformationstag. "Zwei Renntage im Jahr sind auf die Dauer zu wenig zum Überleben aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Das wissen wir", sagt Neugeboren. Im kommenden Jahr sollen es mindestens wieder vier Galopptage werden. Dazu ist eine Reihe zusätzlicher Veranstaltungen geplant.

Hoffnungsvoll für das Comeback in Halle stimmt das sportliche Programm. Champion-Jockey Eduardo Pedroza wird in sechs der acht Rennen am Start sein und auf Aufholjagd in der aktuellen Meisterschaftsstatistik gehen. Im Moment hat er noch einen Punkt Rückstand in der Jockey-Statistik auf seinen Kollegen Adrie de Vries. Angelika Glodde, die einheimische Trainerin, bringt vier Pferde an den Start. Auch Glodde hat die Not auf ihrer Heimatbahn hart getroffen. Viele tausend zusätzliche Transportkilometer auf anderen Rennbahnen musste sie zurücklegen und bezahlen, um ihren Pferden halbwegs Rennpraxis zu sichern. Das Ergebnis fiel entsprechend mager aus. Erst sechs Saisonsiege stehen bislang zu Buche. 16, 10 und 14 waren es in den vergangenen drei Jahren.

Halle hat also in allen Belangen Nachholbedarf. In den letzten elf Monaten ist die Bahn fast komplett von der Landkarte des deutschen Galopprennsports verschwunden. Deshalb auch ist die Nervosität von Neugeboren vor dem fast kompletten Neubeginn zu verstehen. "Wir hoffen, dass alles reibungslos über die Bühne geht." Zumindest soll das Wetter mit Temperaturen um die 20 Grad mitspielen.