Paul Biedermann Paul Biedermann : Zwei Anläufe fürs Seepferdchen

Halle (Saale) - Der Moment, in dem er zum letzten Mal bei Olympischen Spielen vor dem Startblock steht. Wenn von der Tribüne mit 18.000 Plätzen das Raunen der Zuschauer bis zu den Athleten dringt. Wenn er die Schwimmbrille vor die Augen zieht. „Dann werde ich sehr aufgeregt sein“, sagt Paul Biedermann. Und hoch motiviert. „Man fährt nicht zu Olympia, um Fünfter zu werden,“ sagt der 29-Jährige.
Er wirkt ruhig und entspannt. Das erste Training des Tages hat er am Vormittag bereits hinter sich. Pro Einheit legt er im Becken etwa fünf bis sieben Kilometer zurück. Und er genießt die Zeit, die Endgültigkeit, die ihn dieses Jahr begleitet. Nach den Sommerspielen in Rio soll für den Hallenser Schluss mit dem Spitzensport sein. Bis dahin versucht Biedermann nach Plan zu trainieren und vor allem gesund zu bleiben. „Ich werde mein Bestes geben und möchte damit dann auch zufrieden sein“, sagt er.
Und dafür trainiert er zwei Mal täglich in der Robert-Koch- Schwimmhalle, in der er als Kind auch das Schwimmen gelernt hat - und nicht sofort als Überflieger durchgestartet ist. Die Seepferdchen-Prüfung zumindest hat er beim ersten Versuch nicht bestanden: „Ich habe es nicht geschafft, 25 Meter zu schwimmen,“ sagt er unbeeindruckt, „aber es ist kein Weltuntergang, auch mal durch eine Prüfung zu fallen. Und beim zweiten Mal habe ich es dann auch gepackt.“ Für ihn ist die alte Geschichte heute nicht mehr als eine nebensächliche Anekdote.
Tagesablauf klar durchstrukturiert
Für seine spätere Sportkarriere spielte sie schließlich auch keine Rolle mehr. Er ist mehrfacher Europa- und Weltmeister, war der erste Mann, der 200 Meter unter 1:40 Minuten geschwommen ist und wurde 2009 zum „Sportler des Jahres“ gewählt.
„Die Auszeichnung war für mich etwas ganz besonderes und solche Events bieten gute Gelegenheiten, auch Gespräche mit anderen Sportlern zu führen, denen man sonst nicht einfach über den Weg läuft.“
Noch ist sein Tagesablauf klar durchstrukturiert, vom Training bis zur Physiotherapie und Massagen bis hin zu Ritualen vor dem Start bei großen Wettbewerben. Und dazu gehört immer auch Musik. Vor seinen WM-Finalläufen 2009 hat sich Paul Biedermann von Rammstein antreiben lassen - und schwamm zwei Mal Weltrekord. Welche Musik ihn zu den Olympischen Spielen nach Brasilien begleiten wird, entscheidet der Schwimmer spontan und erst kurz vorher: „Bis dahin erscheint auch noch viel Neues“, sagt er. Zum Beispiel das neue Album seiner Lieblingsgruppe, der schwedischen Heavy Metal Band Amon Amarth. Auch wenn sich jetzt alles in Richtung Rio bewegt, hat Paul Biedermann auch schon Pläne für sein Leben nach dem Sport. Seine Heimat möchte er dafür nicht verlassen, vor allem auch weil er viel Potenzial für die Stadt sieht: „Wenn es geht, möchte ich auf jeden Fall in Halle bleiben. Ich bin durch und durch Hallenser,“ sagt Biedermann. Viel Zeit zum Ausruhen scheint es zumindest nicht zu geben. Es gibt bereits ein Jobangebot, die Möglichkeit zu studieren oder zusammen mit seinem Vater eine Firma im Sportbereich zu gründen. Wenn er sich dann an seine Karriere zurückerinnert, gehört vielleicht sogar eine Olympia-Medaille dazu. (mz)