Neuer HFC-Präsident Neuer HFC-Präsident Jens Rauschenbach: So viel Einfluss hat der Strippenzieher in Halle

Halle (Saale) - Im Frühjahr 2009 steht Jens Rauschenbach mit Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) und HFC-Präsident Michael Schädlich auf den Treppenstufen vor dem Ratshof. Das Stadionprojekt am Hufeisensee, das die Stadt seit Jahren verfolgt, ist endgültig gestorben. Zu teuer, zu aufwendig, zu zeitintensiv. Ein neuer Plan muss her.
Gemeinsam mit Rauschenbach wird in den Wochen danach ein neues Konzept entwickelt: Der Bau des heutigen Erdgas-Sportparks auf dem Gelände des ehrwürdigen Kurt-Wabbel-Stadions. Es ist ein aus der Zweckmäßigkeit heraus geborener Beginn einer innigen Beziehung zwischen dem Klub und dem Geschäftsmann, der zehn Jahre später eines der wichtigsten Ehrenämter in Halle übernommen hat. Rauschenbach, 1969 im thüringischen Altenburg geboren, verheiratet, Familienvater, ist seit Sonntag Präsident des Fußball-Drittligisten.
Neuer HFC-Präsident: Jens Rauschenbach agierte bisher im Hintergrund
Der 49-Jährige ist nicht erst seit der Wahl im Cinemaxx-Kino ein Mann mit Macht und Einfluss. Neu ist, dass er jetzt im Rampenlicht steht - normalerweise bleibt er im Hintergrund, überlässt anderen die Bühne. 1999 war Rauschenbach nach Halle gekommen und hatte 2001 mit Andreas Silbersack, heute Präsident des Landessportbunds und OB-Kandidat, eine Kanzlei gegründet.
Silbersack war der Anwalt, Rauschenbach der Steuerberater. 2008 trennten sich ihre Wege. „Wir haben gemeinsam festgestellt, dass die Geschäftsfelder zu unterschiedlich waren“, sagt Rauschenbach. Silbersack äußert sich nicht zur Vergangenheit, wünscht dem neuen Vorstand in der Nach-Schädlich-Ära aber alles Gute: „Ich bin Fan des HFC und hoffe, dass der Verein in ruhiges Fahrwasser kommt.“
An drei Firmen beteiligt: Rauschenbach gilt als cleverer Netzwerker
In Wirtschaftskreisen gilt Rauschenbach als cleverer Strippenzieher, als Netzwerker mit einem goldenen Händchen. Er hat große Neubauprojekte begleitet: in Berlin das Bundesbildungsministerium, 15 Kitas in Leverkusen und das Stadion in Zwickau. In Halle ist er an drei Firmen beteiligt: einer Steuerberatung, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einem Unternehmen für Projektsteuerung.
Seit der Amtszeit von Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler (SPD) arbeitet er auch als Projektentwickler und Sanierer für die Stadt. Er konzipierte mit seinem Team unter anderem die Fluthilfeprojekte für die Pferderennbahn, den Eisdom und das Mitteldeutsche Multimediazentrum (MMZ). Er entwarf den Plan für das millionenschwere Investitionsprogramm für Schulen und Kitas, tüftelte die Strategie für den Umbau und die Neuausrichtung des Bergzoos aus.
Jens Rauschenbach: Kann er gleichzeitig HFC-Präsident und Buchhalter der Stadt sein?
Dass Rauschenbach viele Aufträge der Stadt an Land zieht, sehen Stadträte wie Inés Brock (Grüne) kritisch, auch in Bezug auf den Erdgas-Sportpark. Zwar ist die Stadt alleiniger Gesellschafter der Stadionbetriebsgesellschaft, über Rauschenbach läuft aber die Buchhaltung für den Geschäftsbetrieb. „Diese Praxis werden wir hinterfragen. Es kann nicht sein, dass Herr Rauschenbach als HFC-Präsident Aufträge verteilt und gleichzeitig der Auftragnehmer ist. Er sollte diese Wirtschaftsbeziehung beenden“, fordert Brock.
Rauschenbach sieht indes keinen Interessenkonflikt. „Alle Geschäftsvorgänge, ob Beauftragungen oder Zahlungen, können ausschließlich vom Geschäftsführer, Bürgermeister Egbert Geier, ausgelöst werden. Ich habe keine Entscheidungsbefugnis, wir sind nur Dienstleister“, sagt er.
Dass ihn Stadträte kritisch sehen, zu nah am OB, weiß er selbst. „Natürlich ist es so, dass wir vor allem bei schwierigen Themen beauftragt werden. Da bleibt es leider nicht aus, dass wir unbeabsichtigt dem einen oder anderen Stadtrat auf die Füße treten. Damit muss ich leben.“
Jens Rauschenbach: Vom Brandlöscher zum HFC-Präsidenten
Im Februar 2018 hatte Rauschenbach angesichts der politischen Diskussionen um die städtische Vergabepraxis bei Aufträgen seine Zahlen offengelegt. Von 2008 bis 2017 hatte die Stadt für 160,2 Millionen Euro Aufträge vergeben, 4,4 Prozent davon entfielen auf Rauschenbachs Firmen. „Alle unsere Projekte haben funktioniert. Ich entschuldige mich nicht, dass wir die günstigsten Angebote abgeben. Tatsächlich ist es doch häufig so, dass wir gerufen werden, wenn es brennt“, hatte Rauschenbach erklärt.
Und es brannte lichterloh beim HFC. 1,4 Millionen Euro fehlten in der Saison 2017/18 im Etat. Rauschenbach, Sparkassen-Chef Jürgen Fox und Sanierungsexperte Lucas Flöther wurden vor einem Jahr als Feuerwehrmänner in den Vorstand des Klubs kooptiert. Die Rettungsmission war erfolgreich. Und Rauschenbach, der Mann im Hintergrund, ist mittendrin.
Unfreiwillig zum HFC-Präsidenten aber mit ganzem Herzen bei der Sache
Dass der 49-Jährige am 10. November mit den Anhängern im Sonderzug nach München zum Auswärtsspiel bei 1860 gefahren ist, kam bei den Fans gut an. Jetzt ist er Präsident, was er zunächst nicht wollte. „Viele Mitglieder, Fans und Sponsoren haben mich gebeten, doch für das Amt des Präsidenten zur Verfügung zu stehen. Dem wollte und konnte ich mich nicht verschließen. Schließlich geht um den Verein, der mir ans Herz gewachsen ist. “ 89 Prozent Zustimmung bei der Wahl sind ein großer Vertrauensvorschuss. (mz)
