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"Nathan der Weise" am Neues Theater  "Nathan der Weise" am Neues Theater : Ringparabel in Halle einmal weiblich

Von Detlef Färber 19.09.2019, 11:00
Petra Ehlert in der Rolle von Nathan dem Weisen
Petra Ehlert in der Rolle von Nathan dem Weisen Theater/Anna Kolata

Halle (Saale) - So manchen wird es schon immer mal gewundert haben: Ein Mann, ausgerechnet ein Mann will uns etwas über Ringe erzählen - und das obwohl er offenbar kein Goldschmied ist! Die Rede ist sogar von drei Ringen, um die es in einer alten, zumindest aus Boccaccios „Dekameron“ bekannten Geschichte geht, die Gotthold Ephraim Lesung in etwas zugespitzter Lesart seinem Dramen-Helden Nathan, genannt der Weise, in den Mund legt - in einem Text, den er vor nun 240 Jahren geschrieben hat, als Quintessenz einer Geschichte, die er sogar schon vor mehr als 800 Jahren spielen lässt.

Dabei dürften zu beiden Zeiten (wie heute) Ringe - noch dazu mehrere - eher Sache der Frauen gewesen sein. Warum also lässt besagter Lessing die so tiefsinnige wie schnell wirkungsmächtig gewordene Schnurre mit den Ringen also nicht gleich eine Frau erzählen?

Schul- und Lehrstück „Nathan der Weise“

Scheint so, als habe man sich dieser Tage auch in Halle diese Frage gestellt, als es darum ging, das weiterhin unverzichtbare Schul- und Lehrstück „Nathan der Weise“ für die am Freitag beginnende Spielzeit einzustudieren. Regisseur Ronny Jakubaschk und Dramaturgin Sophie Scherer wollten es aber wohl nicht bei der bloßen Frage bewenden lassen - und entschlossen sich, die begehrte Nathan-Rolle weiblich zu besetzen.

Petra Ehlert wird sie nun spielen - und ist schon insofern eine optimale Besetzung, weil sie inzwischen quasi zum Rat der Weisen dieses Theaters gehört, also fast noch zum Stamm des einst von Peter Sodann gegründeten Theaters. Seit 1990 ist die gebürtige Eisenacherin, die in Dresden aufgewachsen ist, auf der hiesigen Kulturinsel engagiert - ein Start-Ziel-Sieg also nach dem Studium in Leipzig an ihrem ersten Haus, dem sie seither ununterbrochen angehört.

„Eine tolle Erfahrung, mal zu tauschen“

Auch in männlichen Hauptrollen hat sich Petra Ehlert schon beweisen dürfen - so in „Othello“ als Jago und so in „Gespenster“ von Ibsen. Es sei „eine tolle Erfahrung, mal zu tauschen“, sagt sie und meint, dass das, was Nathan sagt, durchaus auch Frauen sagen können, denn, so die Schauspielerin lächelnd: „Wir reden ja hier nicht über Fußball.“ Freilich sei es ihre Bitte an das Inszenierungsteam gewesen, keinen dozierenden Nathan zeigen zu wollen, sondern, „dass sich die Figuren auf Augenhöhe begegnen.“

Das tun sie dann auch, und Petra Ehlert gibt die berühmte und schwerwiegende Ringparabel betont leicht, locker und fast schon plaudernd zum Besten, was übrigens gut zur Inszenierungsidee passt, das Drama der Weltreligionen auf einer Art Narrenschiff spielen zu lassen - mit einem Mix aus Kreuz, Halbmond und Davidstern als den Symbolen von Christentum, Islam und Judentum auf dem Segel.

„Alle können hier alles sein“

Zwecks Beleg für deren Gleichrangigkeit und gleiche Gültigkeit gilt Nathan mit seiner Ringparabel ja weiterhin als Kronzeuge - und eine denkbare Austauschbarkeit lässt Lessings Stück auch listig aufblitzen. Halles Inszenierung schreibt diesen Gedanken nun noch mit Blick auf die Geschlechter fort. „Alle können hier alles sein“, erläutert Dramaturgin Scherer - und so soll’s dann auch auf der Bühne geschehen.

››Premiere Freitag, 19.30 Uhr, zweite Vorstellung am Samstag (noch Karten). (mz)