Diskus-Ass aus Halle Nadine Müller: Wie das Diskus-Ass aus Halle um das EM-Ticket kämpft

Halle (Saale) - Der Diskus mit dem Henkel war der Renner. Dieses Sportgerät im Taschenbuchformat, extra für Kinderhände und ihre ersten Wurfversuche gebaut, hatte Nadine Müller in das Feriencamp ihres Vereins mitgebracht. Als die Knirpse am Donnerstag unter ihrer Anleitung die Scheibe voller Begeisterung über die Wiese in den Brandbergen segeln ließen, da verflog auch bei dem Diskus-Ass des SV Halle kurzzeitig die Anspannung.
Die Situation, in der sich die 32-Jährige gerade befindet, ist für sie neu. Zum ersten Mal muss die mehrfache EM- und WM-Medaillengewinnerin hart darum kämpfen, sich überhaupt für den internationalen Saisonhöhepunkt zu qualifizieren. Bei den deutschen Meisterschaften am Sonntag in Nürnberg ist ein Podiumsplatz Pflicht, will sie in den Kader für die Heim-EM im nächsten Monat berufen werden.
Nadine Müller ist national derzeit nur Vierte
„Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht nervös bin“, gibt die ehrgeizige Sportlerin zu, „es geht ja auch um sehr viel. Darauf trainiere ich schließlich das ganze Jahr lang hin.“ Doch die Rückenverletzung im Frühsommer und der damit verbundene Trainingsausfall mussten sie erkennen lassen, „dass es doch an Einigem fehlt, was du nicht einfach mal so in drei Wochen aufholen kannst“.
Ihre Hoffnung, schnell wieder zu alter Klasse und ihrer Souveränität zurückzufinden, erwies sich als trügerisch. Ihre bisherigen Weiten knapp über 60 Meter bedeuten für die SV-Athletin national nur Platz vier. Doch auch wenn sie nun einen Druck verspürt, der neu ist: „Schlaflose Nächte habe ich deshalb nicht.“ Wenn’s darauf ankam, dann war sie bisher immer da. Nadine Müller scheint also ein Meisterschaftstyp. Sechs deutsche Titel konnte sie sich so bisher sichern. Nur 2015 - ausgerechnet in Nürnberg - hatte sie sich mit Platz zwei zufrieden geben müssen.
Nadine Müller: Bei EM mit Chancen
Was ihr in die Karten spielt: So weit weg sind die anderen nicht. Mit Weiten zwischen 61,5 und 63 Metern sollte man in Nürnberg vorn dabei sein. Auch die Konkurrenz hat ihr Päckchen zu tragen. Die aktuell Beste, Claudine Vita (65,15 m/Neubrandenburg), ist erst 22 und muss noch lernen, sich von einer Favoritenrolle nicht erdrücken zu lassen. Sie ist praktisch vornominiert. Die Magdeburgerin Anna Rüh (62,66) hatte zuletzt meist die Qualifikation verpasst. Shanice Craft (61,61) ist umgezogen und hat den Trainer gewechselt - bei ihr scheint vieles möglich.
Übrigens: Wer es in das deutsche EM-Aufgebot schafft, der scheint auch in Berlin für eine Medaille gut. Denn in Europa ist die Zahl der Athletinnen, die 60 Meter und mehr werfen können, sehr überschaubar. (mz)