Nachtleben in Halle Nachtleben in Halle: Das sind die Sorgen der Kneiper

Halle (Saale) - Immer ein Lächeln auf den Lippen haben, das Essen pünktlich an den Tisch bringen und sich den Stress in der Küche vorm Gast nicht anmerken lassen - so kennt man Gastronomen. Doch hinter den Kulissen hat die Szene in Halle und dem Saalekreis mit Problemen zu kämpfen. Das wurde beim Stammtisch des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), der in Halle stattfand, deutlich. Die MZ war exklusiv dabei.
Gesetze und Verordnungen
Ein öffentliches Werbeverbot für Zigaretten und alkoholische Getränke in Halle, wie es im Stadtrat diskutiert wird, könnte für die Wirte zu ernsten Problemen führen. Viele Kneiper lassen sich Sonnenschirme, Stühle oder Markisen von Brauereien sponsern. Sollte das Verbot tatsächlich kommen, dürften sie diese Ausstattung wohl nicht mehr nutzen.
Sorge vor einer Bettensteuer äußerte Sachsen-Anhalts Dehoga-Präsident Michael Schmidt. Im Gegensatz zu einer Kurtaxe müsse eine Stadt, die diese Abgabe von den Hoteliers verlangt, das Geld nicht in den Tourismus stecken. Die Bettensteuer wird mit einigen Prozent auf die Übernachtungspreise aufgeschlagen. „Die Diskussion kam in Wittenberg bereits auf“, so Schmidt. Derzeit würden viele Gemeinden in Sachsen-Anhalt noch einen Gerichtsprozess abwarten, der entscheidet, ob eine Bettensteuer überhaupt legal ist. „Aber wenn eine Stadt damit anfängt, könnte es einen Flächenbrand geben“, sagte Schmidt.
Außerdem kritisierte er Überlegungen, eine sogenannte Hygieneampel einzuführen. Dabei handelt es sich um einen Aushang, der das Ergebnis von Gesundheitskontrollen von rot für mangelhaft bis grün für gut am Eingang des Restaurants darstellt. Im Koalitionsvertrag sei von einer solchen Ampel zwischen den Zeilen die Rede. „Wir lehnen es aber strikt ab, uns so an den Marterpfahl stellen zu lassen“, so Schmidt.
Sicherheit
Sorgen haben die Gastronomen auch wegen der Sicherheitslage. Wie Bodo Czok, Dehoga-Chef von Halle und dem Saalekreis der MZ sagte, würden Kollegen in Halle von Vandalismus wie eingeworfenen Scheiben und Diebstählen berichten. „Außerdem sind die Mädels-Stammtische weniger geworden, weil sie sich nicht mehr auf die Straße trauen“, so Czok. Daher hatte der Stammtisch am Montag den Innenminister, Holger Stahlknecht (CDU), zu Gast. Im Gespräch mit ihm äußerten sie sich hingegen zurückhaltender.
Gefragt wurde, warum es oft so lange dauere, bis die Polizei zu einem Tatort komme. Stahlknecht erklärte, man erhöhe derzeit die Zahl der Polizisten auf 6.500 und sei bereits bei 6.100 angekommen. „Jeder hat die Erwartung, dass die Polizei nach einem Einbruch innerhalb von fünf Minuten da ist. Aber mit 6.100 Polizisten ist das gerade nicht zu bewerkstelligen“, so der Innenminister. Es gebe priorisierte und weniger dringliche Einsätze, dafür müsse es Verständnis geben.
Unfaire Bewertungen
Zu kämpfen haben Wirte auch mit Gästen, die unfaire Bewertungen auf Online-Portalen hinterlassen. Man habe nichts gegen Kritik, wenn sie konstruktiv sei, sagte ein Wirt. Manche würden allerdings nur essen gehen, um zu meckern. Während manche Gastronomen auf die Diffamierungen antworten, ignorieren sie andere.
Nachwuchssorgen
„Größer als die Sicherheitssorgen sind unsere Nachwuchssorgen“, sagte Frank Weber, der das Café N8 betreibt. Zwar seien bei ihm persönlich alle Stellen besetzt, doch auf dem Land sehe die Situation dramatisch aus. Er selbst könne sich mit jobbenden Studenten behelfen, wünsche sich aber mehr Festangestellte. „Gelernte Kräfte sind aber unheimlich schwer zu finden. Früher war die Auswahl größer.“ Die Bezahlung sei inzwischen besser geworden und nicht mehr das Problem, dafür die Arbeitszeiten, die nicht mehr akzeptiert würden. Dehoga-Präsident Schmidt schätzte, bis zum Jahr 2025 würden 1.000 Betriebe in Sachsen-Anhalt wegen Personalmangels schließen. (mz)
