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Nachruf für Wilfried Ziegemeier Nachruf für Wilfried Ziegemeier: Sanierte Stiftungen sind sein Denkmal

Von Detlef Färber 22.05.2013, 19:38
Wilfried Ziegemeier bei einer öffentlichen Führung zum Denkmalstag im Jahr 2010.
Wilfried Ziegemeier bei einer öffentlichen Führung zum Denkmalstag im Jahr 2010. Stiftungen/Falk Wenzel Lizenz

Halle/Hannover/MZ - Bis zehn Tage vor seinem Tod galt, was wohl sein Leben lang für ihn gegolten hat: morgens der Erste, Abends der Letzte im eigenen Architekturbüro. Egal, ob in jenem im heimischen Hannover oder in dem hier in Halle, wo er seit ziemlich genau zwei Jahrzehnten unermüdlich und federführend an einem Mammutprojekt gearbeitet hat, das Halle letztlich den Weltkulturerbe-Titel einbringen könnte. Wilfried Ziegemeier war der Mann, der bei der Rettung der Franckeschen Stiftungen, Europas größtem Fachwerk-Ensemble, die Bauleitung und Planung größten Teils innehatte. Und wohl drei Viertel dieser Rettung und Sanierung hat er noch selbst mit zuwege gebracht, bis er - wie jetzt erst bekannt geworden ist - Anfang Mai nach einer kurzen Krankheit im Alter von 87 Jahren verstorben ist.

Die Arbeit hat ihn jung gehalten, so sagen es die, die ihn kannten. Einer von ihnen ist Paul Raabe, der als langjähriger Direktor bei Franckes nach der deutschen Wiedervereinigung als der eigentliche Retter der Stiftungen gilt. In seiner Rede zu Ziegemeiers 85. Geburtstag lobte Raabe „nicht nur seine Qualität als Baumeister“. Er pries ihn auch „als einen Architekten, der zu kalkulieren weiß - einen Menschen mit analytischem Denken, klaren Konzepten, wissenschaftlicher Genauigkeit und zupackendem Handeln, der viele lebhafte Diskussionen führte“.

Was solch eine Fähigkeit zu kalkulieren gerade bei Großprojekten wert sein mag, davon bekommt dieser Tage angesichts der Kostenexplosionen auf Deutschlands bekanntesten Großbaustellen wohl selbst der Laie eine leise Ahnung. Mit der Sanierung bei Franckes hat sich Ziegemeier auch selbst ein Denkmal gesetzt. Nicht nur durch die Tatsache, dass die Rettung des in DDR-Zeiten bis zur Hoffnungslosigkeit heruntergekommenen und verfallenen Ensembles überhaupt geglückt ist, sondern auch mit der der Art und Weise.

Aus den ursprünglich oft von pietistischer und preußischer Nüchternheit geprägten Räumen hat der Architekt, ohne diesen Ursprung zu verleugnen oder gar zu verfälschen, lichte und nicht selten farbenfrohe Räume des Lernens und Forschens gezaubert. Den Spagat, in denkmalgeschützten Bauten Raum für moderne Schulen und Institute zu schaffen, haben Ziegemaier und seine zehn Mitarbeiter vor allem durch behutsames Vorgehen und tiefes Verständnis für die historische Substanz hinbekommen. Übergänge und notwendige An- und Einbauten wie Fahrstühle sind hier durch den Einsatz von viel Glas transparent geworden und unterstreichen so die Aura des Ursprünglichen. Ziegemeier und seine Spuren bei Franckes sollen am 8. September übrigens das Thema der Präsentation der Stiftungen beim Tag des offenen Denkmals sein.