Nach Staunen folgt Erkenntnis
HALLE/MZ. - Die 19-jährige Studentin für Geowissenschaften an der Uni Halle, die sich für Vulkane und magma-typische Gesteinsarten begeistert, sorgt für Furore.
Bereits im Frühjahr präsentierte sie einen neuartigen Pflanzendünger, ganz ohne Chemie, nur aus reinem Porphyr-Gesteinsmehl, das als Abfallprodukt in Gesteinsbrüchen anfällt. Im Bundeswettbewerb "Jugend forscht 2008" erhielt die Hallenserin dafür den "Bundessiegerpreis für außergewöhnliche Arbeit" des Bundespräsidenten (MZ berichtete). Später folgte der Innovationspreis des hiesigen Rotary-Clubs, im September der "Sonderpreis" des Bundesforschungsministeriums und ein Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Doch was steckt hinter dieser Entdeckung? "Staunen und Erkenntnis", sagt Anja Adler, die seit frühester Kindheit Steine und Minerale sammelt. Ihren Eltern, beide sind Geographielehrer, verdanke sie ihr Hobby. Da es im Urlaub immer ins Gebirge ging, begann sie irgendwann auffällige Steine zu sammeln. "Allerdings wollte ich auch bald wissen, wie diese entstanden sind." Und so habe sie schon während ihrer Schulzeit im Georg-Cantor-Gymnasium ein Praktikum am Institut für Geowissenschaften der Uni Halle bei Dozent Frank Eigenfeld absolviert. "Ich exkursierte durch die Gesteinsbrüche in Löbejün und Petersberg und erfuhr alles über die vulkanischen Gesteine. Und ich bin immer neugieriger geworden", sagt Anja Adler.
Ihr fiel auf, dass die Landschaften an den Steilhängen erloschener Vulkankrater besonders fruchtbar sind. Sie schlussfolgerte, dass das mit den Mineralien zu tun haben könnte. "Also habe ich mir vom Petersberger Steinbruch zwei Beutel feinen Porphyrstaub geben lassen." In der Wohnstube habe sie Minibeete mit Rasen angelegt - eines mit und eines ohne Porphyr-Dünger. Der Versuchsverlauf wurde wissenschaftlich dokumentiert - das Ergebnis war eindeutig: "Der Porphyr-Füller beschleunigt das Pflanzenwachstum."
Bei den Preisverleihungen, so Adler rückblickend, begeisterte sich die Jury stets über die Einfachheit ihrer Erfindung, auf die bislang niemand gestoßen war. Dabei sei alles leicht erklärbar. Das Porphyrmehl binde die Feuchtigkeit und neutralisiere saures Bodenmilieu. Die im Porphyr enthaltenen Minerale - zumeist sind es Quarze und Feldspate - setzen für die Pflanzendüngung so wichtige Elemente wie Magnesium, Natrium, Silizium und Eisen frei. "Viele meiner Freude und Bekannten nutzen schon meinen Dünger", sagt Anja Adler, die spontan die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (Mibrag) auf ihre Entdeckung aufmerksam machte. Die Idee: "Der kostengünstige Dünger würde sich hervorragend für die Renaturierung von Tagebaulandschaften eignen", so Adler.
Sandra Tieg vom beauftragten Renaturierungs-Dienstleister Gala-Mibrag-Service GmbH hat das viel versprechende Gesteinsmehl ein halbes Jahr auf drei Probefeldern im ehemaligen Tagebau-Gelände Schleenhain (Sachsen) getestet. "Das Wachstumsergebnis fiel eindeutig zugunsten des Düngers aus. Wir werden jetzt der Mibrag empfehlen, die Versuche im größeren Maßstab fortzuführen", sagt Tieg.