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Nach der Flut Nach der Flut: Zusammengehalten

Von kornelia privenau 03.09.2013, 19:38

sennewitz/MZ - In einem drei Seiten langen Brief an die MZ schildert Roswitha Walter aus Sennewitz, was die Bewohner der „Bennemann“-Siedlung in der Brachwitzer Straße in den Tagen des Juni-Hochwassers erlebten. Und sie schreibt vor allem über die große Solidarität und Hilfsbereitschaft der „Bennemänner und -frauen“ untereinander und der vielen unbekannten Helfer.

Vor einigen Tagen haben sich Familien, die im Hochwasser gemeinsam gekämpft haben, auf der großen Gemeindewiese in der Siedlung getroffen, um ein Fest für ihre Helfer vorzubereiten. Auch Roswitha Walter ist dabei. Sie stellt einen Krug selbstgemachte Holunderlimonade auf den Tisch und die Männer haben einen Kasten Bier mitgebracht. Alle berichten ihre Erlebnisse. Wie groß das Entsetzen war über die Wucht der Flut, das zeitweise Abgeschnittensein von der Außenwelt. Das Ehepaar Rita und Dieter Anton wohnt noch heute in einem Behelfsquartier, weil ihr Haus eine einzige Baustelle ist. „Als das Wasser kam, flüchteten wir zu den Rößlers. Ihr Haus liegt höher. Sie haben uns ihren Wohnwagen zur Verfügung gestellt“, berichtet die ehemalige OP-Schwester. Überhaupt seien die Rößlers - Martina, ihr Mann Uwe und Sohn Tim - so etwas wie eine Rettungsstation für die über 20 Hochwasseropfer der Siedlung gewesen. Ihre Garage wurde zum Möbellager, das Grundstück zum Tierheim auf Zeit für mehr als 40 Haustiere. Uwe Rößler, ein Fachmann für Heizung und Sanitär, packte zu, wo es nötig war. Ebenso wie Sohn Tim, der Student. Er holte die 88-jährige Elfriede Kaiser huckepack aus ihrem Haus ins Schlauchboot und verhinderte eine Ölkatastrophe im überfluteten Haus der Antons. „Tim stand bis zur Brust in unserem Heizungsraum im Wasser und hat die Öltanks fixiert“, so Dieter Anton. Auch Markus, Christoph und der Binnenschifffahrtskapitän Andreas Walter halfen, wo sie konnten. Auch Uwe Walters Schlauchboot wurde zum wichtigen Verkehrsmittel. Als Strom und Wasserversorgung ausfielen, gingen die Familien zur Gemeinschaftsversorgung über. Auf offenem Feuer wurde ein Kessel - der musste auch erst aus dem Wasser geborgen werden - zum Riesenkochtopf. Für Frühstück und Abendbrot versammelten sich die Familien, meist 20 Personen, ebenfalls am großen Tisch. Jeder brachte Vorräte mit, die ohne Kühlung verdorben wären, so Roswitha Walter. Und die Wirtin der Gaststätte „Schwarzer Adler“ spendierte ein Mittagessen, damit die Frauen mal etwas ausruhen konnten. Hilfe für die „Bennemann“-Siedlung kam sogar aus dem thailändischen Bangkok. Andreas Kleiber, seine Familie wohnt auch in der Siedlung, war auf Dienstreise und hat telefonisch zwei dringend benötigte Pumpen organisiert. Die standen dann in Aschersleben zur Abholung bereit. Tim und Christoph gingen mit dem Auto auf Abenteuerfahrt durch Hochwassergebiete und brachten die Pumpen unversehrt nach Sennewitz.

Am 3. Oktober wollen die „Bennemanns“ mit allen Helfern ein großes Fest feiern. Feuerwehrleute, Gemeindearbeiter, Bürgermeister, Firmen wie Tönsmeier und Vorwerk und die vielen privaten Helfer - ihnen wollen die Familien, die Opfer der Flut geworden sind, danke sagen. Rita Anton meint: „Eine so schlimme Katastrophe gab es hier noch nie und ich hätte beinahe mein Elternhaus verloren. Ich habe meine Gedanken und Gefühle aufgeschrieben. Am meisten hat mich beeindruckt, wie wir alle zusammengehalten haben.“