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Nach dem Terroranschlag Nach dem Terroranschlag: 2.000 Menschen bei Solidaritätsdemo mit Schlagermusik von Andrea Berg

Von Jonas Nayda 14.10.2019, 05:45
Vier Tage nach dem rechtsterroristischen Anschlag demonstrierten viele Menschen in Halle gegen Antisemitismus.
Vier Tage nach dem rechtsterroristischen Anschlag demonstrierten viele Menschen in Halle gegen Antisemitismus. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Die Szene mutet skurril an: 2.000 Menschen laufen schweigend durch die Georgstraße in der nördlichen Innenstadt. Vorneweg tragen einige ein großes schwarzes Transparent mit der Aufschrift „Solidarität“ und vom Dach eines VW-Transporters, der langsam in der Menschenmenge fährt, schallt „Wenn ich geh“ von Andrea Berg zwischen den Hauswänden. Vier Tage nach dem rechtsterroristischen Attentat, bei dem zwei Menschen getötet und zwei weitere schwer verletzt wurden, trägt die Stadt ihre Trauer auf die Straße.

Das Bündnis „Halle gegen Rechts“ hatte für Sonntagnachmittag zur Demonstration aufgerufen. Gemeinsam mit den Betroffenen des Anschlags wolle man gegen Antisemitismus und Rassismus ein Zeichen setzen. Die Route verlief vom Steintor bis zum Kiez-Döner, in dem am vergangenen Mittwoch ein 20-jähriger Handwerker ermordet worden war. Um die Synagoge machte die Demonstration bewusst einen Bogen, um die Ruhe der Gemeinde nicht zu stören, wie es hieß.

Demo-Veranstalter von der großen Teilnehmerzahl überrascht

Die Demo-Veranstalter waren von der großen Teilnehmerzahl überrascht, sie hatten mit rund 500 Menschen gerechnet. Es sei wichtig, auf die Straße zu gehen und Präsenz zu zeigen, erklärte Valentin Hacken, Sprecher des Bündnisses. „Wir wollten den Menschen Raum geben, ihre Trauer und ihre Solidarität zu zeigen“.

Das Schlagerlied von Andrea Berg sollte an Jana L., das erste Opfer des Attentats, erinnern. Sie war bekennender Schlager-Fan und eifrige Autogrammjägerin. Für das zweite Todesopfer, den HFC-Fan Kevin S., wurde die Fan-Hymne des Halleschen Fußballclubs gespielt.

Halle seit Jahren ein Zentrum für extreme Rechte?

Antje Arndt von der mobilen Opferberatung für Opfer rechter Gewalt in Halle, rief in ihrem Redebeitrag alle Bürger dazu auf, sich klar gegen jegliche Form des Rassismus zu erheben. Es mache sie wütend, dass Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) behaupte, Halle habe kein Nazi-Problem. Halle sei seit Jahren ein Zentrum für extreme Rechte, sagt sie. Wiegand hatte am Donnerstag bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz seine Politik verteidigt und gesagt, dass die Stadt viel gegen Rechtsextremismus tue.

Ismet Tekin, Mitarbeiter im Kiez-Döner und kurdischer Abstammung, wandte sich vor seinem Laden an die Menschenmenge. Er sei sehr froh, dass so viele Hallenser hergekommen seien. Die Stadt sei seine Heimat und werde es auch bleiben. Der Döner-Imbiss werde bald wieder öffnen und er freue sich darauf, wieder Menschen in seinem Laden zu empfangen.

„Bündnis Halle gegen Rechts“ zeigt sich solidarisch mit den Kurden

Unter die trauernden Hallenser hatten sich am Sonntag auch einige Mitglieder der kurdischen Gemeinde der Stadt gemischt. Sie waren zum einen aus Solidarität mit Ismet Tekin, aber auch aus einem anderen Grund zu der Demonstration gekommen: Mit Fahnen und Spruchbändern wollten sie auf die Kämpfe im kurdischen Gebiet Syriens hinweisen, die vor wenigen Tagen begonnen hatten. Das „Bündnis Halle gegen Rechts“ zeigte sich solidarisch mit den Kurden, die sich in Syrien dem IS entgegengestellt hatten. (mz)

Die Demo sollte auch ein Zeichen an die Angehörigen der Opfer, die jüdische Gemeinde und alle Betroffenen sein.
Die Demo sollte auch ein Zeichen an die Angehörigen der Opfer, die jüdische Gemeinde und alle Betroffenen sein.
ZB
Tatort Dönerimbiss: Hier endete die Demonstration am Sonntag.
Tatort Dönerimbiss: Hier endete die Demonstration am Sonntag.
Lutz Winkler