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MZ-Serie Teil 3 MZ-Serie Teil 3: August Hermann Francke bildete Lehrer weiter

Von Silvia Zöller 06.02.2013, 18:27
August Hermann Francke war ein moderner Erzieher.
August Hermann Francke war ein moderner Erzieher. ARCHIV Lizenz

Halle (Saale)/MZ. - Das wohl größte Verdienst von August Hermann Francke, dessen 350. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, waren seine grundlegend neuen Ideen zur Pädagogik. Dem vielschichtigen Mann, der sich auch als Unternehmer, Universitätsprofessor und Missionsvater einen Namen gemacht hat, lagen vor allem die vielen verwahrlosten Kinder am Herzen, um die sich Ende des 17. Jahrhunderts praktisch niemand kümmerte.

Als Francke 1692 als Pfarrer der Georgen-Kirche nach Glaucha kam, fand er eine verelendete Stadt vor: Der Pest und mehreren Stadtbränden waren zahllose Bewohner zum Opfer gefallen, viele Kinder waren Waisen. Sie waren sich selbst überlassen. Als Francke 1695 eine Spende von vier Talern und 16 Groschen bekam, stand für ihn fest: Dieses Kapital sollte der Anfang für eine Armenschule sein, aus der sich die Schulstadt entwickelte. Zunächst wurden dort Kinder zwei Stunden täglich von einem Studenten unterrichtet, bald wollten auch hallesche Bürger und Adelige ihre Kinder dort unterrichten lassen - von Anfang an nicht nur Jungen, auch Mädchen.

Neben Franckes höchstem Ziel, die Kinder zu einem tiefen Glauben an Gott zu bringen, setzte er auf drei Dinge in der Erziehung: Liebe zur Wahrheit, Gehorsam und Fleiß. Erreicht werden sollte dies nicht durch harte Strenge - wenngleich es in den Stiftungen eine lange Liste von Vorschriften gab -, sondern auch durch Liebe und Fürsorge. Denn Francke entdeckte das Kind als Individuum, das jedes für sich seine Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnisse hat.

Unabhängig vom sozialen Stand, so die Idee Franckes, sollte hier jedes Kind Bildung erhalten, um sich später als Erwachsener in der Gesellschaft nützlich machen zu können. Die bahnbrechende Neuerung seines Unterrichts war aber, die Inhalte nicht als Theorie, sondern an Objekten zu erklären. So entstand ab 1701 die Kunst- und Naturalienkammer der Stiftungen als ganz neuartiges Unterrichtszimmer, in der die Schüler Dinge wie eine türkische Zahnbürste, Globen und Vogelnester bis hin zu einem Modell des Tempels Salomos bewundern konnten.

Was heute an Reformschulen, aber kaum an Regelschulen gefördert wird, war bei Francke schon im 18. Jahrhundert Usus: Die Kinder lernten nicht nur Rechnen und Schreiben, sondern auch handwerkliche Tätigkeiten wie Arbeiten mit Holz, Glas und Pappen sowie Hausarbeiten und Gärtnern. Dafür stand den Kindern der deutschlandweit erste Schulgarten direkt auf dem Gelände der Stiftungen zur Verfügung.

Und nicht nur die Schüler sollten in den Anstalten des August Herrmann Francke lernen: Auch die Lehrer hatten die Aufgabe sich weiterzubilden, damit die Kinder mit Freude von ihnen lernen können. Dafür gründete Francke das erste Lehrerbildungsseminar Deutschlands.