MZ-Serie MZ-Serie: Denkmal voller Ruß

HALLE/MZ - Als Peter Sodann vor 13 Jahren in sein Haus in der Friedensstraße einzog, besaß er plötzlich auch zwei alte Öfen. Ein Ofen war floraler Jugendstil, für den der Schauspieler einen Käufer fand. Der andere Ofen war etwas jünger, von 1930 vielleicht. Die profilierten Kacheln waren schillernd braun glasiert. Mit diesem ornamentlosen Säulenofen könnte man heute nicht nur noch immer einen Designpreis gewinnen, der Ofen gehört auch zur halleschen Stadtgeschichte: Gustav Weidanz, Bildhauer und Lehrer der früheren Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein hat den ebenso schlichten wie repräsentativen Rundofen entworfen.
Schauspieler Peter Sodann hat den ungewöhnlichen Kachelofen deshalb nicht verkauft, sondern stattdessen dem Archiv der Kunsthochschule Burg Giebichenstein angeboten. „Den Weidanz-Ofen konnte ich einfach nicht verkaufen. Das tut man nicht! Und, na ja, heizen konnte man ihn ja schließlich auch nicht mehr“, sagt Halles Ehrenbürger und lacht.
An der Kunsthochschule freute man sich denn auch sehr über das Angebot. „Als Gebrauchsgegenstand war den Öfen nur eine sehr begrenzte Lebensdauer beschieden. Es gibt heute nur noch sehr wenige Weidanz-Öfen“, sagt Angela Dolgner, Kustodin der Burg. Der Ofen wurde im Haus von Peter Sodann demontiert, und die Kacheln, beschädigt, rußig und rissig wie sie waren, in Kisten eingelagert. Die Rekonstruktion, so Dolgner damals, könnte aber nur mit sehr großem Aufwand betrieben werden.
Als eine Dauerleihgabe wird der kulturhistorisch bedeutsame Weidanz-Rundofen seit Dienstag in der künftigen Dauerausstellung des Stadtmuseums neu gesetzt. Der hallesche Ofenbaumeister Alexander Griese und sein Mitarbeiter Steve Herrmann bauen, wohl noch bis Freitag, den mit Untersatz 2,40 Meter hohen Säulenofen wieder neu auf. Und zwei Wochen Arbeit waren nötig, das vorzubereiten. „Jede der 88 Kacheln musste unter anderem gereinigt, gewaschen und getrocknet werden. Viele hatten Risse, die verklebt wurden, die Schäden an der braunen – heute übrigens verbotenen – Bleiglasur sind mit Farbe retuschiert“, erläutert Alexander Griese. Zudem waren die Kacheln der elf Schichten nur teilweise durchnummeriert. Der gut 80 Jahre alte Design-Ofen sei etwas ganz Besonderes: „Er ist ein Unikat.“
Laut Kunstgeschichtlerin Dolgner ist die Zahl der Weidanz-Öfen sehr übersichtlich. Ein eckiges Modell befinde sich heute im Brunnenhaus der Burg, ein Rundofen stehe noch im Kirschbergweg, im ehemaligen Haus des Burglehrers Karl Müller, ein weiterer, den die Burg vor einigen Jahren ankaufte, als Dauerleihgabe im Kundenzentrum der Stadtwerke. Ansonsten hätten neben dem Burg-Archiv auch die Galerie Moritzburg einige Kacheln im Bestand.
Gustav Weidanz widmete sich seit etwa 1920 dem Entwurf von Keramikfliesen und Wandkacheln. „Ab 1925 wurde auch die Herstellung von Kachelöfen ins offizielle Programm der Kunstgewerbeschule übernommen. 1930 übernahm die Firma Ernst Teichert aus Meißen die Serienproduktion von vier Modellen der Entwürfe von 1926 – darunter der Rundofen“, so Dolgner. Weidanz- Öfen standen seinerzeit auch im Sitzungszimmer des Landeshauptmanns der Provinz Sachsen in Merseburg, im Teerestaurant Bad Lauchstädt oder im Gemeindesaal der Bartholomäusgemeinde in Halle. Der in der Wohnung in der Friedensstraße wurde wohl 1930 gesetzt. In dieser Zeit gehörte das Haus der Mutter von Lili Schultz, der Leiterin der Emailwerkstatt der nahe gelegenen Kunstgewerbeschule.

