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"Moot Court" an Juristischer Fakultät "Moot Court" an Juristischer Fakultät in Halle: Echte Kriminalfälle im Hörsaal

Von Cosima Sophia Hofmann 16.06.2018, 13:00
Richterin Cosima Fiedler (r.) vernimmt eine Zeugin, die Staatsanwaltschaft (l.) der Angeklagte (2. von r.) mit seinem Verteider hören zu.
Richterin Cosima Fiedler (r.) vernimmt eine Zeugin, die Staatsanwaltschaft (l.) der Angeklagte (2. von r.) mit seinem Verteider hören zu. Silvio Kison

Halle (Saale) - Vor dem Landgericht in Halle bildet sich am Montagmorgen eine größere Menschentraube, darunter adrett gekleidete Herren in Anzügen und mit Aktentaschen, sowie junge Frauen in eleganten weißen Blusen, von denen manche ein dickes rotes Buch unter dem Arm geklemmt haben.

Szenen, die sich normalerweise kurz vor einer Gerichtsverhandlung abspielen würden, doch handelt es hierbei um eine nicht ganz gewöhnliche Verhandlung, sondern um den sogenannten „Moot Court“. Dabei handelt es sich um das Nachspielen von Gerichtsverfahren zu Übungszwecken. Weder die Richterin noch der Staatsanwalt oder die Verteidigung hat es im echten Leben mit straffälligen Bürgern oder unseriösen Zeugen zu tun - zumindest noch nicht.

„Moot Court“ in Halle: Übungen am Landgericht

Die Jura-Studenten Cosima Fiedler, Dominik Gürtler und Martin Gerste haben sich vor einigen Wochen für die Übung am Landgericht angemeldet und sollen sich in ihrer ersten eigenen Verhandlung bewähren. Cosima Fiedler, die im sechsten Semester studiert, empfindet Veranstaltungen wie solche als enorm wichtig: „Die meisten Studenten haben sonst relativ wenig Praxis-Bezug, weswegen das hier eine willkommene Abwechslung ist“, meint die Hallenserin, die an diesem Tag die Rolle der Richterin übernimmt.

Auf dem Tisch haben die jungen Nachwuchs-Juristen dabei in der Tat echte Fälle aus der Vergangenheit, die mit anonymisierten Daten nun erneut zur Verhandlung gebracht werden. In einem der Fälle, der sich mit Trunkenheit am Steuer beschäftigt, geht es um einen Hamburger Geschäftsmann, der sich bei der Begegnung mit einem alten Bekannten in einem Einkaufszentrum in der Hansestadt ein paar Gläser Wein zu viel genehmigt und erst im eigenen Auto vor seinem Wohnhaus durch eine Polizei-Kontrolle wieder zu Bewusstsein kommt.

„Moot Court“ in Halle: Dozenten als stille Beobachter

Während der Angeklagte, der dieses Mal vom Lehrstuhl-Mitarbeiter Henning Lorenz gespielt wird, felsenfest behauptet, er hätte nicht selbst am Steuer gesessen, sondern ein mysteriöser Fremder, gilt es für die Studenten in den schwarzen Roben herauszufinden, wie hier das Strafrecht greifen könnte. Als stille Beobachter agieren am Rande der Veranstaltung der Inhaber des Strafrechtslehrstuhls der Uni-Halle, Henning Rosenau und der Münchener Strafverteidiger Werner Leitner.

Gemeinsam veranstalten sie den Moot Court einmal jährlich im Landgericht und greifen notfalls auch mal ein, wenn Nachwuchs-Richter und Staatsanwälte nicht weiter wissen. „Sicher spielt da auch eine gewisse Aufregung und etwas Druck mit, doch bietet sich hier eine gute Chance, wichtige Erfahrungen zu sammeln“, meint Henning Rosenau.

„Moot Court“ in Halle: Akteure der Verhandlung können aufatmen

In einer Nachbesprechung nach der Gerichtsverhandlung analysieren die beiden erfahrenen Juristen mit den Akteuren sowie den studentischen Zuschauern die Details des Prozesses und gehen dabei beispielsweise auch auf Rhetorik und Dynamik der jungen Leute ein.

Die Akteure der Verhandlung können aufatmen: Sie haben sich laut der Initiatoren gar nicht schlecht geschlagen. Auch Martin Gerste, der für seinen Mandanten in dieser Verhandlung leider keinen Freispruch erwirken konnte, ist zufrieden: „Es ist toll, dass wir hier die Chance bekommen, in die verschiedenen Rollen des Strafprozessrechts einzutauchen, vor allem mit der großartigen Unterstützung“, sagt er. (mz.)