Mitteldeutscher Marathon Mitteldeutscher Marathon: Stolz nach 56 Minuten im Regen

Halle (Saale) - Müde und träge schlurfe ich am Sonntagmorgen in meine Küche, um die Kaffeemaschine anzuwerfen. Ich schaue aus dem Fenster: Es regnet. Ich schaue auf das Thermometer: elf Grad. „Das darf doch nicht wahr sein!“, denke ich mir. Ausgerechnet heute. Es ist der 6. September. Der Tag des Mitteldeutschen Marathons. Und ich bin dabei. Beim Zehn-Kilometer-Lauf - bei solchem Wetter.
Im Training immer Sonnenschein
Seit Ende Juni habe ich unter den Argusaugen von Doppelolympiasieger Waldemar Cierpinski einen eigens angefertigten Trainingsplan absolviert. Alles lief gut, der Sommer war warm, die Motivation am Anschlag. Nur eines hatte ich nicht bedacht: Dass es auch mal regnen und im September auch mal kalt sein könnte. Drei Monate lang habe ich beim Training nie auch nur einen Wassertropfen abbekommen und nun schüttete es wie aus Eimern. Ausgerechnet heute.
Jacke an, Jacke aus? Fragend stehe ich eine halbe Stunde vor dem Start auf dem Marktplatz. Ich schaue mich bei den erfahreneren Läufern um. Die meisten lassen sie weg. Ich tu es ihnen gleich und denke an Waldemar Cierpinski. Der sagte mal zu mir: „Das beste Wetter zum Laufen ist, wenn die Zuschauer frieren. So bei zehn bis elf Grad.“ Bei seinem Olympiasieg 1976 in Montreal hat es geschüttet.
„Vorher viel trinken“
Also doch alles ideal. Ich stelle mich im riesigen Läuferfeld hinten an und lasse mich treiben. Und es läuft besser als gedacht. Der Regen ist irgendwann egal. Zwischen Saale und Hochstraße stehen zahlreiche Zuschauer mit Bannern. Trommeln donnern aus Boxen. Daneben kommen die Helfer beim Befüllen der Wasserbecher aus Plastik kaum hinterher. Ich erinnere mich wieder. „Bei zehn Kilometern muss während des Laufs nichts getrunken werden. Wichtiger ist, dass man am Tag vorher viel getrunken hat“, meinte Cierpinski vorher zu mir. Ich folge der Anweisung. Und laufe so schnell wie nie zuvor.
Unter einer Stunde wollte ich die zehn Kilometer schaffen, das habe ich im Training nie geschafft. Aber die Mitläufer treiben an, das motiviert zusätzlich. Am Ende blinkt die Zeit auf: 56:46 Minuten. Ich bin geschafft, erleichtert und glücklich. „Ich gratuliere“, sagt Waldemar Cierpinski. „Auch die zehn Kilometer muss man erstmal schaffen.“ Vorher ließ er noch übermitteln: „Ich wusste, dass er es kann.“ Der Mann hat ein scharfes Auge, ich hatte immer Zweifel. Jetzt halte ich meine Medaille in der Hand, die jeder Läufer am Ziel um den Hals gehängt bekam.
Irgendwie hat mich das Lauffieber gepackt. Das nächste Ziel: Halbmarathon. (mz)