1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Mit viel Fleiß zur Ausbildung bei Dell: Mit viel Fleiß zur Ausbildung bei Dell: Aladin Nasr: "Ich will Deutscher werden"

Mit viel Fleiß zur Ausbildung bei Dell Mit viel Fleiß zur Ausbildung bei Dell: Aladin Nasr: "Ich will Deutscher werden"

Von Silvia Zöller 15.12.2018, 12:00
Aladin Nasr hat es mit viel Einsatz geschafft: den Schulabschluss und den Ausbildungsplatz als Informatiker.
Aladin Nasr hat es mit viel Einsatz geschafft: den Schulabschluss und den Ausbildungsplatz als Informatiker. Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Wenn Aladin Nasr zurückblickt, ist er heute noch von sich selbst überrascht: „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich nach drei Jahren so weit bin.“ Als der heute 21-Jährige damals, 2015, nach Deutschland kam, war es zunächst ein fremdes Land, dessen Sprache er nicht beherrschte. Heute spricht er ziemlich perfekt Deutsch - und lernt bei dem Computerunternehmen Dell in Halle seinen Traumberuf Informatiker. „Wenn jemand einen Schritt geht, sollte er weiterlaufen“, ist seine Philosophie.

Deswegen hat der junge Syrer nun ein weiteres Ziel vor Augen: die dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. „Die deutsche Staatsangehörigkeit wäre dann ein weiteres Ziel“, schaut Aladin in seine private Zukunft. „Ich will Deutscher werden“.

Deutschland habe sein Leben verändert: „Ich hatte viele Lücken durch meine Schulbildung. Wegen des Krieges habe ich vier Jahre lang keine Schule besuchen können“, sagt er. Schwer war es deshalb für ihn, den Realschulabschluss nachzuholen und eben nicht selbstverständlich. „Deutsche haben die tolle Chance einer guten Schulbildung. So etwas hätte ich für mich gewünscht und das wünsche ich mir auch für meine Kinder“, sagt Aladin, „Diese Bildung ist wertvoll.“

Nur so, mit guten Deutschkenntnissen und einem Realschulabschluss, für den er viel gelernt hat, war es für den Syrer möglich, was eigentlich unmöglich ist. Er floh aus dem Bürgerkriegsland wie viele andere auch im Boot über das Mittelmeer und überlebte. Er kam in Deutschland an und wollte eines: Deutsch lernen. Dafür belegte er Kurse an der Volkshochschule, weil er nicht auf die Zuteilung auf einen Kurs vom Amt warten wollte. Informatiker, das wollte er schon als Kind werden. „Es ist der Weg, den ich geplant habe“, sagt er. „Ich habe mich entschieden, für meinen Traum zu kämpfen.“ In Syrien hätte er ihn nicht verwirklichen können.

Aladin macht eine Ausbildung bei Dell in Halle

Gemeinsam mit elf weiteren jungen Menschen hat er nun im Herbst eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration aufgenommen. Dabei erlebt der Syrer nun etwas, was in seinem Leben in den letzten drei Jahren leider zu kurz kam: der Kontakt auch zu Deutschen neben dem zu anderen Migranten. „Die Kollegen sind sehr nett zu mir, immer hilfsbereit und da wenn ich Fragen habe“, freut sich Aladin. „Sie bieten mir immer Hilfe an, ohne dass ich sie frage.“ Davon sei er überrascht gewesen - positiv natürlich. Obwohl er so schnell und gut Deutsch gelernt hat, war es für ihn in der Vergangenheit immer ein Problem, dass er die Sprache nicht ganz normal im Alltag mit Freunden und Bekannten anwenden kann - die Freizeit verbrachte er meist mit seinen Brüdern oder Freunden, die ebenfalls aus Syrien stammen. Nun gibt es aber auch Aktivitäten mit den Kollegen nach Feierabend. „Unter anderem gab es eine Feier für alle neuen Auszubildenden in einem Restaurant, damit wir uns kennenlernen“, berichtet er. Freundschaften - dafür brauche es noch etwas mehr Zeit. „Aber es ist ein hundertprozentiger Unterschied zu früher.“

Und so kann sich Aladin dem Land, dessen Staatsbürger er gerne werden möchte, auch noch ein weiteres Stück nähern. „Ich kann so auch die deutsche Kultur besser kennenlernen und beispielsweise erfahren, was man an Weihnachten so macht“, erklärt Aladin Nasr.

Aladins Eltern leben in der Nähe von Damaskus

Zum Beispiel das Ding mit dem Glühwein, was freilich in südlichen Breiten unbekannt ist. Probiert hat er das Heißgetränk noch nicht, als Moslem trinkt er keinen Alkohol. Einen Weihnachtsbaum wird er auch nicht in seiner Wohnung in Merseburg aufstellen. Was er während der Feiertage macht? Das weiß der 21-Jährige noch nicht so genau.

Sicherlich wird er aber die Zeit dafür nutzen, mit seinen Eltern zu telefonieren, die nach wie vor in der Nähe von Damaskus in Syrien leben. „Meine Eltern sind stolz auf das, was ich erreicht habe. Aber sie wollen, dass ich nach der Ausbildung ein Studium beginne. Eltern wollen immer Zertifikate sehen“, sagt er mit einem leichten Schmunzeln. Dabei wüssten die Eltern gar nicht, wie schwer ein Studium ist. Denn: Erst einmal steht die Ausbildung an, die noch bis 2021 geht. „Danach gibt es viele Möglichkeiten bei Dell, ein berufsbegleitendes Studium oder auch Weiterbildungsangebote“, hat sich Aladin schlau gemacht. Eine Familie gründen? „Das wird eines Tages passieren, aber nicht jetzt“, ist er sich sicher. Die Ausbildung stehe jetzt im Mittelpunkt.

Sorgen braucht er sich auf dieser Schiene jedoch nicht zu machen: „Wir sind sehr glücklich darüber, Aladin als Auszubildenden in unserem Team zu haben. Er hat sich von Beginn an vorbildlich eingebracht und ist bestens integriert. Zudem übernimmt er immer wieder Verantwortung und engagiert sich im Namen von Dell in sozialen Projekten“, sagt Marcus Lindner, Prokurist bei Dell in Halle.

Auch Aladins Engagement sei es zu verdanken, dass Dell von der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau für das Freiwilligen-Engagement der Azubis zum Top-Ausbildungsbetrieb 2018 gekürt wurde. Und so kommt Aladin quasi zur schon zweiten Auszeichnung.

Denn ehrenamtliches Engagement ist wichtig, als Dolmetscher war und ist er in Merseburg für andere Flüchtlinge aktiv. „Er übersetzte mehrfach im Klinikum, auch wenn es besonders schwere Dinge waren. So zum Beispiel bei einer Totgeburt. Sein Einsatz, oft bis spät abends, war schon besonders“, sagt Monika Groß, die die evangelische Netzwerkstelle für ehrenamtliches Engagement mit Flüchtlingen im Saalekreis betreut. Derzeit gibt es nur gelegentlichen Kontakt: „Aladin braucht seine Kraft für die Ausbildung“, sagt Monika Groß. Für sein Engagement wurde Aladin 2017 mit dem Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ ausgezeichnet.

„Mir ist in Deutschland viel geholfen worden. Deswegen möchte ich auch etwas zurückgeben“, sagt er. Vielleicht gibt es irgendwann noch einen deutschen Pass für Aladin Nasr oben drauf. (mz)