Medizin Medizin: Wirtschaftliche Misere in halleschen Krankenhäusern

Halle (Saale)/MZ. - Bettina Hailer hebt die Stimme. Die Kaufmännische Direktorin der halleschen Universitätskliniken will ihrer Warnung Nachdruck verleihen: "Wenn das so weitergeht, geht das nicht mehr lange gut." Was sie meint: Den Krankenhäusern in der Saalestadt steht nach eigenen Angaben wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals. Zwei der Häuser haben 2012 rote Zahlen geschrieben. Die drei anderen Kliniken können gerade einmal auf ausgeglichene Ergebnisse hoffen. Der Spardruck sei hoch wie noch nie, so Hailer. Müssen sich die Patienten jetzt Sorgen machen?
Die Unikliniken sind mit 1 100 Betten das größte Krankenhaus der Stadt. Das Defizit ist aber auch am höchsten. "Ähnlich 2011 erwarten wir einen hohen einstelligen Millionenbetrag als Minus", sagt Hailer. Konkrete Zahlen wolle sie nicht nennen, der Jahresabschluss sei nicht fertig. Hailers Amtskollegin vom Diakonie-Krankenhaus, Elke Hirsch, spricht zwar von einem relativ guten Jahr 2012. "Wir werden aber wieder kein ausgeglichenes Ergebnis haben." Ein sechsstelliger Minusbetrag werde wohl zu Buche schlagen, so Hirsch. Etwas komfortabler ist die Lage am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara, am Krankenhaus Martha-Maria in Dölau und in den Kliniken Bergmannstrost. Laut deren Verwaltungschefs beende man das Jahr 2012 voraussichtlich jeweils Plusminus Null. Doch auch dort blinken bereits die Alarmleuchten.
Kosten in keinem Verhältnis
"Was wir an Erlösen erzielen, steht mit den Kosten in keinem Verhältnis", erläutert Hailer. Die laufenden Ausgaben unter anderem für Löhne, Energie, Versicherungen, Umsetzung neuer gesetzlicher Sicherheitsstandards und Instandhaltung würden seit Jahren rasant steigen. Nach Angaben der Landes-Krankenhausgesellschaft sind die Kosten allein 2012 durchschnittlich um fünf Prozent gestiegen. "Vom Gesetz her werden uns aber nur zwei Prozent Kostensteigerung pro Jahr zugebilligt", kritisiert Geschäftsführer Manfred Brümmer vom St. Elisabeth und St. Barbara (EK). Unterm Strich bleibe kein Geld übrig. Wegen dieser Entwicklung sehen die Verwaltungschefs die Behandlungsqualität in ihren Einrichtungen in Gefahr. Hailer: "Unsere vor 15 Jahren angeschaffte Technik kommt in die Jahre. Wenn aber kein Geld da ist für die Instandhaltung, den Ersatzteilkauf oder für Neuanschaffungen, dann treibt das langfristig die Kosten richtig hoch."
Alle halleschen Kliniken bekunden, von den insgesamt knapp 7 000 Mitarbeitern vorerst keinen entlassen und keine Abteilungen schließen zu wollen. Die aktuelle Krise werde außerdem zunächst keine direkten Folgen für die Patienten haben. Hailer zufolge müsse man zuerst interne Verwaltungsabläufe kostengünstiger gestalten. Laut Brümmer soll der Ausbildungsverbund zwischen dem EK und dem Martha-Maria aus Spargründen auf das Diakonie-Krankenhaus erweitert werden. Bergmannstrost-Verwaltungschefin Ilona Hruby verweist auf den bestehenden Notdienst-Verbund der halleschen Kliniken sowie die Arbeitsteilung unter den Häusern bei der Behandlung schwerer innerer und äußerer Verletzungen (Traumata). Das alles spare Kosten. Nachhaltig könnten die Einnahmen aber nur politisch verbessert werden - indem die Krankenhausfinanzierung der Kostenentwicklung angepasst werde.
Ambulante Behandlung stärken
Für ihre Finanzierung erhalten die Krankenhäuser Geld vom Land (für Investitionen) und von den Krankenkassen. Letztere bezahlen nach einem bundesweit geltenden Berechnungssystem für die Behandlung der Patienten - dafür wird jährlich je nach zu erwartender Patientenzahl ein Budget für jede Klinik ausgehandelt. Laut Kassen hat Halle die landesweit höchste Betten- und Krankenhausdichte. Das Angebot sei "ausreichend".
Die Versicherungen sehen die Ursachen für die Probleme vor allem in den Kliniken selbst - unter anderem, indem mehrere Häuser gleiche Leistungen anböten. "Die meisten Krankenhäuser im Land kommen mit ihrem Geld aus", sagt Klaus Holst vom Ersatzkassen-Landesverband. Er mahnt eine intensivere Kooperation der Kliniken an. Ähnlich argumentiert AOK-Sprecher Andreas Arnsfeld. "In erster Linie besteht die Aufgabe, die ambulante Versorgung zu stärken, um die stationäre Behandlung auf ein Mindestmaß zu beschränken."