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Matthias Fahrig Matthias Fahrig: Turner muss sich gut erholen

Von Petra Szag 22.05.2014, 07:23
An intensives Training ist im Augenblick nicht zu denken. Matthias Fahrig versucht erst einmal wieder richtig gesund zu werden.
An intensives Training ist im Augenblick nicht zu denken. Matthias Fahrig versucht erst einmal wieder richtig gesund zu werden. Dpa/Archiv Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Leer wirkt Halles Turnzentrum kurz vor Mittag. Ein paar agile Seniorinnen machen ihrer Vorturnerin Dehnübungen nach. Als die Freizeitgruppe verschwindet, hat Matthias Fahrig sämtliche Geräte für sich allein.

Der ansonsten sehr geselligen Frohnatur kommt die Ruhe gerade recht. Groß Lust zu reden hat Fahrig nicht. Routiniert arbeitet er sein Programm ab. Nach ein paar Schwüngen und Kraftelementen an den Ringen sucht er mit den Füßen vorsichtig Kontakt auf dem Mattenboden. Den Abgang mit mehreren Drehungen um die Längs- oder Breitenachse verkneift er sich diesmal. Die Stauchung während der Landung will Fahrig seinem rechten Fuß offenbar nicht zumuten. Denn der ist lädiert.

Warten auf einen MRT-Termin

Und das zu einem unpassenden Zeitpunkt. Fahrigs Auswahlkollegen nämlich sind gerade in Sofia, messen sich dort mit Europas besten Gerätkünstlern. Da wäre er gern dabei gewesen. Stattdessen trainiert er in seinem Heimatclub weiter, hält sich fit, weil man einen vom Hochleistungssport gestählten Körper nicht abrupt von 100 auf Null runterfahren kann. Und wartet auf seinen MRT-Termin.

„Wir wollen Klarheit“, sagt Fahrigs Trainer Uwe Ronneburg. Auch wenn sein Schützling die EM nun verpasst hat, die WM im Herbst in China ist weiter ein Thema. Um den Fuß schnell wieder hinzukriegen und den Rest des Körpers für höchste Belastungen fit zu halten, müssen die nächsten Schritte gut durchdacht sein.

Fahrig ist 28 Jahre alt. 20 Jahre Leistungssport, verbunden mit extremen Belastungen, sind an dem Sportsoldaten nicht spurlos vorüber gegangen. Auch wenn er das locker sieht. „Das mit dem Fuß hätte mir auch vor zehn Jahren passieren können“, sagt Fahrig.

Sprung und Bodenspezialist Matthias Fahrig erklärt, an welchen Geräten erfahrene Sportler im Vorteil sind. „Mit den Jahren lernt man erst, mit den unterschiedlichen Gerätmaterial klar zu kommen, mit den Kampfrichtern, der Lautstärke in der Halle und dem ganzen Drumherum“, sagt er.

Hier zahlt sich Erfahrung aus. Die Besten sind meist so 25, 26 Jahre alt.

Das ist immer ein bisschen Roulette, egal, wie alt man ist.

„Die Spezialisten hier haben Stahl“, sagt Fahrig, meist Kraft ohne Ende und ein riesiges Kreuz - ein Ergebnis jahrelangen Trainings. Deshalb sind die Älteren ganz vorn mit dabei.

An dem Gerät sind die Asse meist jünger.

Am Boden ist von allem etwas dabei. Oft gelingt es den Turnern aber erst im Laufe der Jahre, ihre Fehlerquote zu senken.

Gut gemischt. Experimentierfreude ist wahrscheinlich an kein Alter gebunden.

Dass die EM-Vorbereitung mit der Auswahl zuletzt in Kienbaum „ganz schön fett“ war, gibt er aber zu. Ausgerechnet vor der entscheidenden Überprüfung waren dann die Schmerzen und der Bluterguss da. Vor Olympia hatte ihm der gleiche Fuß schon einmal solche Probleme bereitet. Damals hatte Fahrig fast ein dreiviertel Jahr gebraucht, um sagen zu können „alles ausgestanden“. Für eine Olympianominierung war es da zu spät. Jetzt kostete ihm die Verletzung den EM-Startplatz. Die WM will er aber auf keinen Fall verpassen und auch in zwei Jahren noch dabei sein, wenn es in Rio um die olympischen Medaillen geht. Schnell gesund zu werden und es dann auch zu bleiben, hat oberste Priorität. „Bislang waren keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Künftig werden wir das aber anders handhaben“, bestätigt sein Coach.

Erst Mal den Kopf frei kriegen

Dass die Psyche beim Heilungsprozess eine enorme Rolle spielt, weiß Fahrig aus Erfahrung. Regeneration fängt im Kopf an. „Ich denke positiv, ich bin mir sicher, dass ich das hinkriegen werde“, versichert der SV-Athlet.

Ronneburg ist das noch zu wenig. Wer ein Ziel verpasst, der fällt erst mal in ein tiefes Loch, weiß der Coach. Deshalb ist es wichtig, den Kopf frei zu kriegen. „Matthias braucht Abstand“, sagt der Coach. Am besten hilft da ein Tapetenwechsel, also wegfahren ein paar Tage mit Freundin Conny. Bislang wusste Fahrig mit Urlaub nicht viel anzufangen. „Mir gefällt es in Halle, ich bin gern zu Hause“, hatte der durch Wettkämpfe und Trainingslager oft aus dem Koffer lebende Athlet früher einmal gesagt. Doch nun denkt auch er, dass die Zeit reif ist, „loszulassen“. Ab Samstag ist er erstmal weg.

Und es gibt noch einen Ansatz. Denn Fahrig ging bisher meist erst zur Physiotherapie, wenn es wehtat. Sich vorbeugend auf die Massagebank zu legen, hat er nicht als notwendig erachtet. Da seine Therapeutin Petra Klysz ihre Praxis nicht gleich neben der Turnhalle hat, ist eine Behandlung für den Fußgänger Fahrig mit einem gewissen Aufwand verbunden. Den wird er künftig aber nicht mehr scheuen.

Ronneburg glaubt an seinen Schützling und dass er diese Krise meistert. Um Verletzungen vorzubeugen, will der Coach das Training künftig noch breiter aufstellen. Mit Waldläufen, Schwimmen und Radfahren soll Fahrigs „Grundzustand auf ein höheres Niveau“ gehoben werden. Und der allgemeine Kraftteil wird zeitlich verlängert. Also ran an die Eisen.