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Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: Neuer Campus für 52 Millionen Euro

Von Julius Lukas 13.10.2015, 21:09
20 Millionen Euro kostete die Bibliothek, die eigentlich ein Kubus sein sollte. Weil das aber teurer war, wurde sie um ein Stockwerk gekürzt.
20 Millionen Euro kostete die Bibliothek, die eigentlich ein Kubus sein sollte. Weil das aber teurer war, wurde sie um ein Stockwerk gekürzt. Günter Bauer Lizenz

Halle (Saale) - 52 Millionen Euro teuer, fünf Fußballfelder groß, Platz für knapp 3.500 Studenten und Mitarbeiter - allein diese Zahlen illustrieren die Ausmaße, die der neue Campus der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat. Am Mittwoch wird das Gelände von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) offiziell an die Hochschule übergeben. 15 Jahre sind dann seit den ersten Planungen für einen gemeinsamen Standort der Geistes- und Sozialwissenschaften vergangen.

Lange war dafür die Grube an der Spitze in Halle vorgesehen. Am Ende entschied man sich jedoch für das Gelände im Nordosten der Stadt. Zum einen, weil dort gleich mehrere Bauprojekte ein neues Stadtzentrum entstehen lassen. Und zum anderen, weil das Terrain eine herausragende universitäre Geschichte hat. Auf dem kurz Steintor-Campus genannten Gelände wurde 1863 von Julius Kühn die erste landwirtschaftliche Forschungseinrichtung in Deutschland gegründet. Nun ist auf dem alten Hochschulboden der modernste Campus des Landes entstanden. Nicht alle anfänglichen Wünsche konnten dabei erfüllt werden. Um im Kostenrahmen zu bleiben, wurden Kompromisse eingegangen. Welche das sind, und was sich hinter den einzelnen Gebäuden verbirgt, hat sich die Mitteldeutsche Zeitung schon vor der offiziellen Übergabe angesehen.

Einstiges Institut für Tierzucht und Molkereiwesen

Wie die Vergangenheit des Steintor-Campus und seiner Gebäude mit der Gegenwart verbunden wurde, lässt sich an diesem 1913 gebauten Haus zeigen. Einst war hier das Zentrum der universitären Tierzucht. Zur Lehre gehörte auch das Beschauen lebender Exemplare. Da die in der Landwirtschaft mitunter recht groß sind, hatte das Institut einen nach außen hin offenen Anbau. Die sogenannte Vorführhalle. In sie konnten Kühe, Pferde und andere Tiere, die es nicht durchs Eingangstor schafften, eintreten. Heute wird in der Vorführhalle allerdings kein Vieh mehr angeschaut - dafür aber Menschen. Da die Akustik in dem hohen Raum besonders gut ist, haben die Sprechwissenschaftler hier ihre Sprechbühne eingerichtet. Ein weiterer Höhepunkt des Baus ist ein historischer Hörsaal mit mehr als 100 Jahre altem Inventar.

Die alte Tierklinik der Universität

Die drei Backsteinhäuser sind Ausdruck der Expansion der landwirtschaftlichen Forschung in Halle. Sie wurden 1902/03 gebaut, als immer größere und immer mehr Räume gebraucht wurden. Von dieser Vergangenheit ist nur noch im linken Haus etwas zu sehen. An der Decke hängt dort eine Transportschiene, über die früher Tiere zur Behandlung befördert wurden. Heute werden in dem Gebäude nur noch archäologische Fundstücke begutachtet. Die Wissenschaftler haben dort ihr Lager. In den anderen beiden Gebäuden sind Büros und Aufenthaltsräume für Studenten mit und ohne Kinder.

Cafébar des Studentenwerks

Als „Herz des Campus“ bezeichnete Studentenwerk-Geschäftsführerin Lydia Hüskens die Cafébar bei deren Eröffnung in der vergangenen Woche. Zumindest auf kulinarischer Ebene stimmt das. Die Verpflegungsstation ist damit das jüngste Gebäude auf dem Campus. Im Angebot sind nur Snacks, weswegen der 800.000 Euro teure Flachbau nicht als vollwertige Mensa durchgeht. Das Studentenwerk beruhigte aber bereits. Die nächste Großküche des Hauses ist nur sieben Gehminuten entfernt.

Museum für Haustierkunde „Julius Kühn“

Dem länglichen Gebäude, das den Campus im Süden begrenzt, sieht man seine Geschichte an: Es ist nämlich unsaniert. Trotz 52 Millionen Euro Investitionssumme war für das bedeutende Museum, das Forscher aus aller Welt besuchen, kein Geld übrig. Es beheimatet eine international renommierte Haustierskelett-Sammlung. Viele der Exponate verbrachten ihre Lebzeit auf dem heutigen Campus-Gelände, auf dem zeitweise bis zu 1.000 Tiere untergebracht waren.

Neubau mit Platz für 215 Uni-Mitarbeiter

Für den Stil des weißen Neubaus ist „Krankenhausarchitektur“ wohl noch die freundlichste Umschreibung. Das Haus, das bis oben hin vollgestopft ist mit Büros, sollte es laut der ersten Planungen gar nicht geben. Hier standen alte Gebäude der landwirtschaftlichen Fakultät, deren Substanz aber so schlecht war, dass ihre Sanierung den Kostenrahmen gesprengt hätte. Man entschied sich für die preiswerte Variante, die sehr deutlich und für viele unschön aus dem Häuser-Ensemble heraussticht. Auch im Inneren zeigt sich das Kostenbewusstsein. Viel Platz haben die Mitarbeiter der einzelnen Institute nicht. Über 20 Quadratmeter groß ist kaum ein Raum. Für viele Wissenschaftler, die zuvor zum Teil in großzügigen Stadtvillen residierten, eine bittere Umstellung. Dafür ist im Neubau moderne Technik verbaut: Zwei Laboratorien, ein Sprachaufnahme-Studio und ein Videokonferenz-Raum.

Bibliothek für 16 Fachgebiete

Der zentrale Bau des Campus. 20?Millionen Euro teuer, mit etwa 750?000 Bücher bestückt und trotzdem zu klein. Eigentlich war die 20?Meter hohe Bibliothek als Kubus geplant, doch weil sich das als zu teuer herausstellte, musste oben ein Stockwerk gekappt werden. Als „sehr schmerzlich“ bezeichnet Leiterin Silke Berndsen diesen Ein- beziehungsweise Abschnitt. Ein Teil der älteren Bücher musste deswegen ausgelagert werden. Auch ist nicht so viel Freiraum für Neuerwerbungen vorhanden. Vor allem aber schrumpfte die Zahl der Arbeitsplätze. Bei eher dichter Bestuhlung haben 155 Studenten in der Bibliothek Platz. „Ob das genug ist, wird sich erst in der Prüfungszeit zeigen“, sagt Leiterin Berndsen.

Die ehemalige Landwirtschaftliche Fakultät

Der Geburtsort der landwirtschaftlichen Forschung in Deutschland. Das Haus am Ostende des Areals kaufte Julius Kühn 1862. Er nutzte es als Wohnhaus und richtete dort Lehrräume ein. In seinen 47?Jahren als Institutsleiter in Halle erwarb und besiedelte er nach und nach das Areal, das nun den Steintor-Campus bildet. 1947 wurde das Gebäude dann zum Haupthaus der neu-gegründeten Landwirtschaftlichen Fakultät der Uni Halle. Heute residieren Germanisten, Romanisten und Orientalisten in dem Bau, der teilweise noch saniert wird.

Wer den Campus selber erkunden will, hat am 17. Oktober ab 10 Uhr beim Tag der offenen Tür die Gelegenheit. (mz)

Fünf Fußballfelder groß: Das Campus-Gelände im Nordosten von Halle wurde ab 2009 für rund 52 Millionen Euro saniert. 75 Prozent davon kamen aus EU-Mitteln.
Fünf Fußballfelder groß: Das Campus-Gelände im Nordosten von Halle wurde ab 2009 für rund 52 Millionen Euro saniert. 75 Prozent davon kamen aus EU-Mitteln.
Thomas Christel Lizenz
Hinten alt, vorne modern: Das Wechselspiel zwischen historisch und neu ist an vielen Stellen des Steintor-Campus zu entdecken.
Hinten alt, vorne modern: Das Wechselspiel zwischen historisch und neu ist an vielen Stellen des Steintor-Campus zu entdecken.
Günter Bauer Lizenz
Von außen sieht die Bibliothek zugemauert aus, im Inneren ist sie jedoch lichtdurchflutet. Der Grund: Das Dach ist teilweise aus Glas.
Von außen sieht die Bibliothek zugemauert aus, im Inneren ist sie jedoch lichtdurchflutet. Der Grund: Das Dach ist teilweise aus Glas.
Günter Bauer Lizenz