Marode Altbauten in Halle Marode Altbauten in Halle: Früheres Café Corso ist eine Ruine

Halle (Saale) - Verfallene Häuser gibt es überall in Halles Straßen - Denkmäler und schmucklose Bruchbuden. Besondere Ruinen sind darunter die ungezählten früheren Gaststätten. Denn jeder Hallenser verbindet Erinnerungen mit dem einen oder anderen dieser Lokale. Sei es das Bild von der kindlichen roten Fassbrause, die zwischen den elterlichen Biergläsern in der Sonne funkelt, sei es die Erinnerung an den Sommernachtstanz, an die jugendliche Liebe oder die Trunkenheit nach einer studentischen Zechtour. Oft bleiben nur diese Erinnerungen, denn die wenigsten dieser Ruinen ehemaliger Gaststätten der einstigen Handelsorganisation HO haben noch eine Zukunft.
Das "Hotel Weltfrieden" in der Großen Steinstraße, Einmündung Schimmelstraße, war immer eine gute Adresse, um nicht zu sagen: die erste in der Innenstadt. Auch wenn in den 80er Jahren die Qualität - wie vielerorts durch die schlechte wirtschaftliche Lage des Handels auch - der Küche zunehmend sank. 1952 eröffnete dieses erste HO-Hotel der Stadt im ehemaligen "Egerer Hof". Die Preise der Zimmer bewegten sich seinerzeit zwischen 4,50 und 7,50 Deutsche Mark - das war gehobene Kategorie. Zuvor hatte das Haus schon als Sport-Hotel, Metropol-Hotel sowie "Haus Dietrich" firmiert.
Schon seit vielen Jahren steht das "Weltfrieden" leer. Die Eigentümer, unter anderem eine Bauerei und die Treuhand, konnten sich nicht auf ein Nutzungskonzept einigen. Der jetzige Besitzer kümmert sich nicht. Inzwischen "kann man bis zum Dach hinauf sehen", so eine Nachbarin. Dies sei "eine Schande".
Die "Melodia-Bar" lag zwar etwas versteckt in der Jägergasse an der Großen Ulrichstraße, war aber eine bekannte Adresse. 1909 wurde das Etablissement unter dem Namen "Zum Oberpollinger" eröffnet, später war es Kabarett und Varieté "Kochs Künstlerspiel". Nach 1933 hieß es "Laterne" und später wurde im "Unionsbräu" gezapft. Es hatte einen durchaus anrüchigen Ruf, den es auch ab 1967 als "Kulturhaus der Handelsorganisation (HO)" und 1975 als "Jugendtanzhaus Melodia" nie ganz verlor. Etwas Hoffnung gibt es aber heute: Zumindest schmiedet der Eigentümer Pläne für das Lokal, das im Innern starke Schäden aufweist.
Eine echte Wohngebietsgaststätte war das "Gambrinus" in der Merseburger Straße / Ecke Lauchstädter Straße. Bis 1990 kamen hier Skatspiele und Würfelbecher auf die Tische. In den 70er Jahren wurden 18 Gerichte angeboten! Im Bauamt der Stadt gibt es derzeit zu dem Haus keine Informationen, etwa ob Bauanträge gestellt sind. Immerhin: Auch einen Abrissantrag gibt es nicht.
Das "Café Fritze" in der Großen Steinstraße 23 wurde 1950 eröffnet und hieß nach dem Verkauf an die HO ab 1974 "Café Corso". Hier wurde getanzt und Gin-Tonic geschlürft. Längst nicht jeder kam in den beliebten Club mit der schillernden Discokugel. Im vergangenen Jahr wechselte das marode Haus bei einer Zwangsversteigerung für 51.000 Euro den Besitzer.
Das Verschwinden des "Hubertus" am Hubertusplatz mit seinem großen Biergarten für 1.000 Gäste und seinem riesigen Saal bedauern wohl besonders viele Hallenser. Das traditionsreiche Ausflugslokal am Heiderand machte bereits Anfang der 1990er Jahre dicht. Der neue Eigentümer hinterließ nur Schulden. Seither verfallen Haus und Gelände. Es wechselten zwar die Besitzer, aber nichts geschah. Zuletzt hat das Bauordnungsamt im Sommer dieses Jahres den Eigentümer zur Sicherung der Ruine aufgefordert. 110 Jahre ist es her, dass der einstige "Schurigs Garten" eröffnete, 1919 wurde "Schillers Garten" daraus, 1932 dann das bekannte "Hubertus". In den 80ern wurde es zur baschkirischen Gaststätte, in der auch die DDR-Nomenklatura gerne tafelte.
In Beesen ist "Schunke" noch immer ein Begriff. In der früheren Gastwirtschaft "Zum Deutschen Haus" mit großem Saal feierten die Beesener Kirmes, Familienfeste und Maskenbälle. Hugo Schunke betrieb Wirtschaft und Tanzsaal bis etwa Anfang der 70er Jahre. Dann schloss das Lokal. In den 60er Jahren gab es dort auch einen Jugendklub. Der heutige Eigentümer hat zuletzt 2008 Sicherungsarbeiten durchgeführt. Die Stadt hatte ihn dazu aufgefordert.
Auf der Rabeninsel stehen nur noch Mauerreste des "Insel-Schlösschens", das bis 1957 auf der Rabeninsel einlud. Von dem massiven Hauptgebäude, um 1900 erbaut, steht nur noch eine Ruine. Gänzlich verschwunden hingegen ist das bekannte Ausflugslokal "Kurzhals Waldwirtschaft" in direkter Nachbarschaft. In den 80er Jahren besuchten bis zu 3 000 Gäste am Tag dieses HO-Lokal. Doch 1992 war Schluss. Der Eigentümer ließ die herrlichen Kolonnaden mit 900 Plätzen vor sechs Jahren niederreißen. Ein Jahr später ließ die Stadt die Trümmer wegräumen - auf eigene Kosten.