Leichtathletik-WM Leichtathletik-WM: Wolfgang Kühne ist der Mann mit Fingerspitzengefühl

Halle (Saale)/Peking - Wolfgang Kühne sträubt sich. „Ich mag nicht ins Rampenlicht. Dort sollten die Sportler stehen“, sagt er. Stehen sie doch, dank ihm. Kühne, der Hallenser, ist der deutsche Top-Trainer bei diesen Welttitelkämpfen. Gleich vier seiner Athleten starten in Peking. Siebenkämpferin Jennifer Oeser wurde am Sonntag Zehnte - von Bundestrainer Kühne nach einer Babypause in Schwung gebracht. Am Freitag und Samstag sind die Zehnkämpfer Michael Schrader, der Vizeweltmeister von 2013, und Rico Freimuth im Einsatz. Im Hürdensprint geht Cindy Roleder ins Rennen, die im Vorjahr EM-Dritte geworden war, aber laut Kühne „keine Chance hat, das Finale zu erreichen“. Das sagt er ganz nüchtern, pragmatisch, ganz so, wie er halt ist.
Seine heißen Eisen sind Schrader und Freimuth, „die mit Glück eine Medaille gewinnen können“, meint der 59-Jährige. Das Duo steht für den späten Erfolg des Wolfgang Kühne. „Er schafft es, Athleten auf den Punkt fit zu bekommen“, sagt Freimuth, der seit 13 Jahren bei dem ehemaligen 8 000-Punkte-Zehnkämpfer trainiert, über Kühnes feines Fingerspitzengefühl. Genau deshalb kam auch Schrader 2012 aus Leverkusen nach Halle. Damals als Langzeitverletzter beinahe schon abgeschrieben. „Und er ist in den letzten Jahren lockerer geworden, macht mehr Späße mit“, meint der 27-jährige Freimuth noch. Er und Schrader, zwei lustige Typen, hätten ihn wohl angesteckt.
Seit 46 Jahren in Halle
Kühne, der auch schon mal Schraders dauerbellenden Staffordshire Bullterrier mit um den Bauch gebundener Leine geduldig über den Trainingsplatz zottelt, schmunzelt über solche Aussagen. „Die Erfahrung im Umgang mit Athleten macht sicherlich einiges aus“, sagt er. Und davon hat er reichlich. „Seit meinem dreizehnten Lebensjahr bin ich auf den Sportanlagen in Halle zu Gange“, erzählt Wolfgang Kühne. Erst als Mehrkämpfer, später als Trainer. Aber nur wenige seiner Athleten schafften es über die Jahre hinweg in die Spitze. Siebenkämpferin Astrid Retzke erreichte einst im Jahr 2000 in Ratingen 6 379 Punkte - dabei schlug sie Ex-Weltmeisterin Sabine Braun. Bei den Olympischen Spielen in Sydney musste Retzke verletzt aufgeben. Sebastian Knabe kämpfte sich einmal zu 8 151 Punkten. Norman Müller, zweifacher WM-Starter (2007 und 2009) kam auf 8 295 Punkte. Einige von Kühnes ehemaligen Zehnkämpfern wechselten ins Bob-Lager, weil sie als Leichtathleten kaum Medaillenchancen sahen. Etwa Marc Kühne, einer von zwei Söhnen, der bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin Fünfter im Zweierbob und in St. Moritz Team-Weltmeister wurde. Thorsten Margis ist als Anschieber von Francesco Friedrich amtierender Weltmeister im Zweierbob.
Viel Aufwand, wenig Lohn
Wolfgang Kühne genießt es still, wenn seine Athleten es in die Weltspitze schaffen. Ganz selbstlos. Denn an deren Werbeverträgen oder Prämien ist er nicht beteiligt. „Manchmal gibt es aber ein kleines Dankeschön“, erzählt er. Das reicht ihm. Doch gerade hat er einen Bescheid über den aktuellen Stand seines Rentenkontos bekommen. Und der machte ihn schon etwas ratlos. Richtig gut bezahlt für all den Aufwand wurde er in seiner langen Karriere nie - wie so viele deutsche Trainer. „Aber ich werde mich nicht beklagen“, sagt er noch, ganz der Bescheidene.