Leichtathlet Michael Schrader Leichtathlet Michael Schrader: "Ein Jahr sportuntauglich"

Halle (Saale)/Köln - Der Fernseher im Patientenzimmer ist ungemein nützlich. Die flimmernden Bilder verdrängen die Langeweile. „Und ich kann auch besser einschlafen, was ohne laufenden Fernseher wegen der Schmerzen nicht so gut gelingt.“ Der das sagt, ist Michael Schrader. Der Zehnkämpfer liegt seit genau einer Woche im Krankenhaus Köln-Merheim. Am Montag wurde er hier operiert. Erstmals. Patellasehne, Außen- und Innenband sind wieder zusammengenäht. „In drei Monaten folgt noch das vordere Kreuzband“, erzählt der Vizeweltmeister von 2013, während er im Bett liegt und sein geschwollenes linkes Bein sieht.
Und dann berichtet der Athlet, der die meiste Zeit in Halle trainiert, wie er sich diesen Kapitalschaden eingehandelt hat: „Ich wollte in Leverkusen in der Halle Stabhochsprung trainieren. Beim Anlaufen habe ich mit dem Stab den Einstich-Kasten verfehlt, bin also gar nicht abgesprungen, sondern mit voller Wucht in die Matte geknallt. Dann gab es einen schmerzhaften Schlag. Und als ich dann das Bein gesehen habe, stand es plötzlich vollkommen schräg. Mir wurde übel.“
Nur hinteres Kreuzband intakt
Eine Physiotherapeutin vor Ort alarmierte sofort einen Krankenwagen. Dann ging es etwa 20 Kilometer die A3 hinunter in die Klinik. Dort die Diagnose: Bis auf das hintere Kreuzband ist im Knie alles kaputt, was kaputt gehen kann. „Die Menisken sind zum Glück nur an reparablen Stellen gerissen“, sagt Michael Schrader.
Das wissen inzwischen auch die Ärzte in Halle um Thomas Bartels, die sich mit ihren Kölner Kollegen ausgetauscht haben. Schrader wird sich in Halle in den nächsten Wochen noch einmal begutachten lassen. „Doch generell bleibe ich hier in Behandlung. Ich fühle mich in guten Händen.“
Dass „die Knorpel sehr gut aussehen“, macht Schrader etwas Mut. Zuversicht kann er gut gebrauchen. Mit 28 Jahren ist er nicht mehr der Allerjüngste. Mit dieser Verletzung wird er nicht nur für die Olympiasaison ausfallen, sondern auch für die danach. „Ich bin ein Jahr lang sportuntauglich“, weiß Schrader. Frühestens als 30-Jähriger kann er wieder angreifen.
Das hat er auch unbedingt vor. „Natürlich bin ich jetzt noch sehr geknickt. Aber was soll ich machen? Ich weiß nur, dass ich alles gebe, um top fit zurückzukehren. Die Karriere so zu beenden, daran denke ich momentan überhaupt nicht“, sagt Schrader, der schon einmal längere Zeit verletzt ausgefallen war - von 2009 bis Ende 2012 - und dann bei der WM in Moskau 2013 ein silbernes Sensations-Comeback gefeiert hatte.
Freimuth glaubt an Comeback
„Wenn es einer schafft, nach so einer schweren Verletzung zurückzukommen, dann Micha. Ich kennen niemanden weiter, der solch einen Ehrgeiz und Willen hat“, sagt Zehnkampf-Kumpel Rico Freimuth. Keiner kennt ihn besser. Mit dem Dritten der letztjährigen WM wohnt Schrader in Halle in einer WG zusammen.
Doch zunächst fängt der Zehnkämpfer bei Null an. „Ich muss erst einmal lernen, auf Krücken zu laufen“, sagt Michael Schrader. (mz)