Lehrermangel in Halle und dem Saalekreis Lehrermangel in Halle und dem Saalekreis: Mitunter helfen nur Notlösungen

Halle (Saale) - Josephine Krankemann steigt mit den Erstklässlern aus der 1c die Treppenstufen in der Grundschule „Am Ludwigsfeld“ bis unter das Dach. Die 22 Mädchen und Jungen sehen am Samstag zum ersten Mal ihren künftigen Klassenraum, bevor sie feierlich ihre Zuckertüten bekommen. Und auch für Josephine Krankemann ist es quasi eine Einschulung.
Die 29-Jährige, Lehrerin im Vorbereitungsdienst, wird aus der Not heraus zur Klassenleiterin. „Die eigentlich vorgesehene Pädagogin ist langzeitkrank. Ich bin froh, dass Frau Krankemann einspringt“, sagt Schulleiterin Petra Luther.
Lehrerversorgung an den Schulen ist ein emotional diskutiertes Thema
Die Lehrerversorgung an den Schulen ist ein emotional diskutiertes Thema, nicht nur in Sachsen-Anhalt. Im April dieses Jahres hatte das Landesschulamt offene Stellen an den staatlichen Schulen in Halle und dem Saalekreis ausgeschrieben. Und im Gegensatz zu den ländlichen Regionen, in denen die Besetzungsquote bei zwei Dritteln liegt, konnten in Halle nach Angaben des Landesschulamts 75 Prozent der angebotenen Jobs auch vergeben werden.
„Das sehr gute Ergebnis zeigt, das Lehrerstellen in den Ballungsräumen Halle und Magdeburg attraktiv und gut zu besetzen sind“, sagt Behördensprecherin Silke Stadör auf Nachfrage der MZ. So wurden für 23 Stellen in Grundschulen 19 Lehrer gefunden. In der Förderschule können mit Schuljahresbeginn zehn von zwölft Stellen besetzt werden, an der Sekundarschule sechs von 13, an Gemeinschaftsschulen neun von 14, an Gesamtschulen 15 von 17, an den Berufsbildenden Schulen vier von acht. Bei den Gymnasien (acht Stellen) liegt die Quote bei 100 Prozent.
Lehrermangel in Halle: Gymnasiallehrer müssen auch in Sekundarschulen einspringen
Allerdings kündigt das Amt auch bereits an, dass Gymnasiallehrer in Sekundarschulen einspringen müssen. „Halle folgt damit dem landesweiten Trend. Der Bedarf an neuen Lehrern ist in den Sekundarschulen groß, die Besetzung in dieser Schulform aber am schwierigsten“, sagt Stadör.
Für die Grundschulen im Saalekreis hat das Land eine gute Nachricht: Von 16 offenen Stellen konnten alle besetzt werden. Auch die fünf vakanten Posten an Förderstellen wurden vergeben. Schwieriger ist es bei den Sekundarschulen (10 von 19), bei den Gymnasien (4 von 10) und den Gemeinschaftsschulen (2 von 7). Die niedrige Quote für die Gymnasien überrascht. Eventuell liege das an den gesuchten Fächern, so das Landesschulamt.
In allen Regionen setze man auf Neuausschreibungen sowie auf befristete Einstellungen. Deren Einsatz verzögert sich allerdings, weil sie zunächst einen vierwöchigen Kompakt-Vorbereitungskurs absolvieren müssen.
Petra Luther von der Grundschule Ludwigsfeld will nicht jammern, wie sie erzählt. „Unserer Unterrichtsversorgung liegt bei 98,29 Prozent.“ Allerdings müssen sie angesichts der Personallage die Stunden aus dem Förderpool kürzen, etwa die Deutsch-Nachhilfe für Migrantenkinder. Derzeit kümmern sich 14 Pädagogen um die 248 Kinder. Bammel, dass sie die Aufgabe als Klassenleiterin überfordern könnte, hat Josephine Krankemann übrigens nicht. „Ich möchte als Grundschullehrerin arbeiten. Das wird für mich eine interessante Erfahrung“, sagt die junge Frau. Respekt vor der Verantwortung habe sie aber allemal. (mz)