Leerstehende Gebäude in Halle Leerstehende Gebäude in Halle: Wem gehört dieses Haus?

Halle (Saale) - Das eher unscheinbare Haus Große Brunnenstraße 43 steht seit vielen Jahren leer. Es verfällt zusehends, eine Ruine ist es aber noch nicht. Das Problem von Nummer 43: Niemand weiß, wem es gehört. Im Grundbuch stehen drei Geschwister. Dieser Eintrag stammt aus dem Jahr 1938. Die Eigentümer aber sind verstorben und deren Erben unbekannt.
Ärgernis für Anwohner
Das unansehnliche Haus in der Großen Brunnenstraße steht beispielhaft für noch immer erstaunlich viele leerstehende Häuser in Halle, für die 25 Jahre nach der Wende die Eigentumsfrage noch immer ungeklärt ist. Inzwischen wird auch die Immobilie in der großen Brunnenstraße zum Ärgernis vor allem für Nachbarn und Passanten. Der Winterdienst etwa wird nicht erledigt. „Das Dach ist marode mit sich auflösenden Schornsteinköpfen, wobei auch die Ziegel auf die Straße fallen können“, sagt einer der Nachbarn. Er fürchtet, dass das Haus irgendwann einfalle und eine Baulücke hinterlasse. Die Stadt müsse endlich etwas unternehmen. Die Kommune ist indes nicht verpflichtet, sich um private Grundstücke zu kümmern, deren Eigentümer unbekannt sind. Sie muss bei verwahrlosten Häusern erst reagieren, wenn von den maroden Gebäuden eine Gefahr ausgeht. Dann lässt die Stadt notfalls abreißen - und hofft, die Kosten später erstattet zu bekommen.
Um es aber nicht so weit kommen zu lassen, kann die Kommune einen gesetzlichen Vertreter bestellen. Und zwar bei sich selbst, beim Fachbereich Immobilien. „Vorrangige Aufgabe eines gesetzlichen Vertreters ist die Erbensuche. Ein Verkauf des Grundstückes ist eine Möglichkeit, aber nicht das eigentliche Ziel“, so ein Stadtsprecher. Bei „unvollständigen“ Erbengemeinschaften ist dieser Vertreter aus der Mitte der Erben zu bestellen. Bei anderen Fällen ist es beispielsweise ein Rechtsanwalt.
Ohne Eigentümer keine Steuern
Sie agieren im Interesse der noch völlig unbekannten Eigentümer. Sie suchen nach ihnen, verwalteten das Grundstück oder sichern auch in begrenztem finanziellen Umfang - Einnahmen des Hauses gibt es ja nicht - die Gebäude. Mitunter verkaufen die Vertreter die Immobilie auch. In den letzten fünf Jahren wurden 32 Grundstücke in Halle zum Verkehrswert veräußert. Die Verkaufserlöse wurden nach Gegenrechnung der Kosten, Gebühren sowie der Belastungen im Grundbuch für die unbekannten Eigentümer beim Amtsgericht Halle hinterlegt - sie werden 30 Jahre lang aufgehoben.
Ein Problem dabei: Manche dieser aufwendigen „kommunalen“ Vertreter-Verfahren für den privaten Immobilienmarkt laufen viele Jahre. Weder die bestellten Vertreter noch die Kommune selbst haben dafür Geld. Sie müssen in Vorleistung gehen. So bleibt die Vertreter-Bestellung immer eine Einzelfallentscheidung.
Die Kommune hat aber auch ein eigenes Interesse. Denn ohne Eigentümer kann etwa kein Grundsteuerbescheid verschickt werden. Auch andere Gebühren für Straßenreinigung oder Versicherung fließen nicht. Das Haus und deren unbekannte Eigentümer werden so zu Schuldnern der Kommune. Das ist längst kein Einzelfall. Pro Jahr kann die Stadt rund 1,5 bis zwei Millionen Euro Grundsteuern nicht eintreiben. Weil die Eigentümer nicht bekannt sind, wie in der Großen Brunnenstraße 43, oder aber weil sie nicht zahlen.
Vertreter wird neu geprüft
Meist geht die Stadt bei Vertreterverfahren für die meist maroden und überschuldeten Immobilien selbst leer aus. Immerhin wird perspektivisch aber wieder die Grundsteuer bezahlt. Das würde auch im Falle des Hauses Große Brunnenstraße 43 so sein. Der Fachbereich Bauen im Rathaus hat kürzlich ein Vertreter-Verfahren beantragt. Nun wird geprüft, ob ein Bedürfnis besteht, die Vertretung des Eigentümers sicherzustellen. Es ist übrigens bereits der zweite Versuch. Der frühere gesetzliche Vertreter wurde im Jahr 2012 aber abberufen: Er hatte das Erbe ausgeschlagen und gehörte nicht mehr zur Erbengemeinschaft. Ein anderes, damals noch lebendes Mitglied der Erbengemeinschaft lehnte die Übernahme des Amtes ab. Grund für die Vertreterbestellung war der Wunsch der bekannten Eigentümer, das Grundstück gemeinsam zu vermarkten. (mz)