1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Leerstand seit 2002: Leerstand seit 2002: Dieses Dornröschen-Schloss verfällt

Leerstand seit 2002 Leerstand seit 2002: Dieses Dornröschen-Schloss verfällt

Von Claudia Crodel 15.06.2019, 10:00
Dieses romantische Bild vom Schloss besitzt der Heimatverein.
Dieses romantische Bild vom Schloss besitzt der Heimatverein. Silvio Kison

Oppin - Bis zum Jahr 2002 wurde das alte Rittergut in Oppin, auch Oppiner Schloss genannt, genutzt. Zuletzt war es ein Wohnheim, das geistig und mehrfach behinderten Menschen ein Zuhause bot. Doch als diese in die „Siedlung am Park“ eine neue Wohnanlage mit schönen Möglichkeiten für gemeinsames und individuelles Wohnen bezogen, gab es keine Nutzung für das Rittergut mehr.

Es ist außer Betrieb, steht seit mittlerweile fast 17 Jahren leer und verfällt. Man kann es mit einem Dornröschenschloss vergleichen: Wildwuchs hat sich breitgemacht, überwuchert vieles und hat zerstörerische Kräfte.

Schloss Oppin: Keiner kümmert sich um die geschichtsträchtige Anlage

Keiner kümmert sich um die geschichtsträchtige Anlage. „Das Gut ist in Privatbesitz. Angeblich hat es eine russische Maklergesellschaft erworben“, sagt Wilma Ehrhardt vom Oppiner Heimatverein. Viele Ideen habe es bereits gegeben, wie man es wieder beleben könnte. So hatte man beispielsweise Pläne, eine Seniorenresidenz daraus zu machen. „Doch nichts ist geschehen“, bedauert Wilma Ehrhardt.

Oppin hatte im Mittelalter eine große Bedeutung als Grenzbefestigung, war im 9./10. Jahrhundert „Burgward-Hauptort“. Die Geschichte des Oppiner Schlosses ist mehr als 400 Jahre alt. „Sie geht ins Jahr 1583 zurück, als die Markgräfin Catharina von Brandenburg-Küstrin die Besitzungen der Herren von Billingen kauft und Oppin zu ihrer Sommerresidenz macht“, erklärt Ortschronist Heinz Graupner, der ebenfalls engagiert im Heimatverein mitarbeitet.

Schloss Oppin mit einem „wohlgemauerten mit Wassergraben umgebenem Schlosshof“

Es entstand ein reich mit Schmuck versehenes Schloss, mit einem „wohlgemauerten mit Wassergraben umgebenem Schlosshof“, so ist es in der Ortschronik vermerkt. Doch Catherina von Brandenburg-Küstrins Zeit als Schlossherrin währte nicht lange. Bereits um 1600 verkaufte sie das Rittergut an Caspar aus dem Winkel auf Wettin. Es wurde noch mehrfach verkauft, bis es 1760 an die Familie von Beurmann ging.

Anfang des 19. Jahrhunderts sei ein wesentlicher Umbau des Ritterguts erfolgt mit weniger Schmuck, so Wilma Ehrhardt. Damals war das Schloss in Besitz von Landrath Friedrich August von Beurmann, dessen Sohn, Oberpräsident Carl Moritz von Beuermann, noch die obere Etage ausbaute und das Treppenhaus hinzufügte. Dessen Sohn, Moritz von Beurmann (geboren 1835) wiederum war übrigens Afrikaforscher. Allerdings wurde er nur 28 Jahre alt.

„Auf einer Forschungsreise, die ihn in den Tschad führte, wurde er mit Speeren ermordet“

„Auf einer Forschungsreise, die ihn in den Tschad führte, wurde er mit Speeren ermordet“, erzählt Heinz Graupner und verweist auf eine Schautafel in den Räumen des Heimatgeschichtsvereins. In der Ortschronik taucht das Rittergut hin und wieder durch Besonderheiten auf, so etwa als Familie von Beuermann 1850 eine eigene Zuckerfabrik bauen ließ oder in Zusammenhang mit einem großen Unglück am 9. März 1884, als sich in einer Scheune des Ritterguts, in der große Mengen chemischen Düngers gespeichert waren, Gase entwickelten. Zwei Todesopfer hatte man zu beklagen und mehr als 30 dadurch erkrankte Personen, die aber langsam wieder gesund wurden.

Der frühere Oberpräsident von Posen Carl Moritz von Beurmann hinterließ drei Töchter, denn sein einziger Sohn Moritz war – wie erwähnt – in Afrika zu Tode gekommen. Eine der Töchter wurde an einen Landdrost von Zakrzewski, die andere an einen General von Berguis und die dritte schließlich an einen Professor von Meyer verheiratet. Nach dem Tod des Oberpräsidenten gehörte das Gut den Töchtern zunächst gemeinschaftlich und wurde verpachtet. Da von den drei Töchtern lediglich die Frau Landdrost einen Sohn hatte, wurde dieser schließlich 1898 alleiniger Besitzer des Gutes.

Schloss Oppin wurde Flüchtlingsunterkunft und Kreisjugendschule

Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert hin wurde das Rittergut durch den Ankauf vieler kleinerer Bauerngüter wesentlich vergrößert. Übrigens sollen sich viele Oppiner an den Märzkämpfen 1919 beteiligt haben. Im damaligen Rittergut seien 400 Gewehre beschlagnahmt worden, die in den Kämpfen verwendet wurden, heißt es in alten Aufzeichnungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg sei das Gut enteignet worden, sagt Wilma Ehrhardt. Es wurde Flüchtlingsunterkunft und Kreisjugendschule. Im Untergeschoss wurden Unterrichtsräume der Schule eingerichtet. Heinz Graupner hat als Kind selbst dort gelernt. Ab 1964 wurde das Schloss als Krankenhaus genutzt und als Wohnheim für geistig- und mehrfach behinderte Menschen. (mz)

Seit 2002 steht das alte Rittergut leer. Zuletzt war es Behinderten-Wohnheim.
Seit 2002 steht das alte Rittergut leer. Zuletzt war es Behinderten-Wohnheim.
Silvio Kison