Landeskunststiftung Landeskunststiftung: Im Sog des Blumenmalers Carl Adolf Senff

halle (Saale)/Ostrau/MZ - So was nennt man Vision. Eine kühne oder eine düstere, je nach Geschmack. Dass das kleine aber feine Naturbild, wie der Hallenser und spätere Os-trauer Carl Adolf Senff es so beispielhaft zu malen verstand, dermaleinst vielleicht in Riesenformaten in der Landschaft stehen könnte - zigfach überlebensgroß und zum Aufschauen - könnte die Zukunft sein. Eine Zukunft, wie sie der Maler Jakob Weissberg in seinem auch gleich „Naturbild“ genannten Gemälde sehr sarkastisch zeichnet. Als ein Bild nämlich, das die Natur nicht aktuell abbilden, sondern ersetzen soll. Im Stile einer Uraltpostkarte gemalt, steht es in gigantischer Abmessung auf einer gewaltigen Stützkonstruktion, die an die Masten von Hochspannungsleitungen erinnert.
Ja, so hoch spannend kann es sein, sich in den Sog von Senff zu begeben, den die Welt einst liebevoll-ironisch und ehrerbietig zugleich „Blumen-Raffael“ nannte. Seinem 150. Todestag war im vergangenen Jahr ein Symposium auf Schloss Ostrau gewidmet. Dessen künstlerische Ergebnisse zeigt nun am Neuwerk in Halle die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, die das Projekt finanziell gefördert und auch ansonsten begleitet hat.
„Jedes Bild eine Übersetzung“
Initiator des Symposiums - und nun auch Kurator der Schau - ist der hallesche Literaturwissenschaftler John Palatini, der zu den Gründungsmitgliedern der Ostrau-Gesellschaft zählt. Die wiederum hat sich neben der Erhaltung des örtlichen Kulturerbes auch der Förderung der Gegenwartskunst verschrieben, der auch jenes Symposium diente, dessen eindrucksvolle Resultate nun zu besichtigen sind. Eine Besonderheit an diesem der Schau zugrundeliegenden Kunstprojekt ist, dass neben den beteiligten zehn Gegenwartskünstlern (die übrigens alle mal in Halle studiert haben oder noch leben) auch Wissenschaftler eingebunden waren, die mit den Künstlern gemeinsam das Thema Bildentstehung reflektiert haben. Was gerade auch angesichts der scheinbar so unschlagbaren Genauigkeit und Naturnähe der Bilder Senffs festzuhalten bleibe, sei - dass „jedes Bild eine Übersetzung ist“, sagt Kurator Palatini. Das gelte von Bildern, egal ob sie auf der Leinwand entstehen oder im Kopf des Betrachters. Auch die bildgebenden Verfahren etwa in der Medizin seien Beispiele dafür.
Dass es dabei auch immer auf Mittel und Material ankommt, wird an den Stahlplastiken von Sebastian Pless deutlich. Der Künstler ahmt Gewachsenes mit leblosem Stahl nach und kreiert auf diese Weise höchst fantastische, ja sogar skurrile Figuren. Unter anderem eine überlebensgroße Distel hat er zusammengeschweißt, nach dem Vorbild von Senffs Ölbild.
Dass alle beteiligten Künstler alles andere als nur ihren Senf zu Senff dazugeben, macht einen Ausstellungsbesuch hier wirklich zum Erlebnis. Und noch eins: zwei nie zuvor gezeigte Senff-Blätter als Leihgaben aus dem 50 Werke des Blumenmalers umfassenden Bestand der Moritzburg.