Konflikt gerät außer Kontrolle Konflikt gerät außer Kontrolle: Porsche-Werk wegen städtischen Differenzen in Gefahr?

Halle (Saale) - Der Konflikt zwischen Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) und dem Chef der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft EVG, Jan Hüttner, eskaliert. In einem Schreiben an die Mitglieder des Aufsichtsrats, das der MZ vorliegt, beklagt Hüttner, dass die EVG auf Weisung des OB von allen Informationen abgeschnitten sei und „vorsätzlich an der Bewältigung der ihr übertragenen Aufgaben behindert wird“.
Hüttner zeichnet ein dramatisches Bild. Durch die Ausgrenzung der EVG drohe die Porsche-Ansiedlung im Star Park unweigerlich zu scheitern, woraus sich horrende Schadensersatzforderungen des Investor gegen die Stadt ergeben würden. Die Stadtverwaltung weist die Vorwürfe zurück.
Städtische Differenzen: Wird EVG-Chef geschnitten?
Hüttner hatte im April Ansiedlungsmanagerin Manuela Hinniger (Hauptsache Halle) beurlaubt und das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai gekündigt. Wiegand, Aufsichtsratsvorsitzender der EVG, ernannte die 34-Jährige daraufhin zur ehrenamtlichen Wirtschaftsbeauftragten und ließ für sie ein neues Büro im Ratshof einrichten. Den Zugang Hinnigers zum Computernetzwerk der EVG, den Hüttner hatte abschalten lassen, soll auf Weisung des OB-Büros wieder aktiviert worden sein.
Bei der Staatsanwaltschaft Halle liegt deshalb eine Strafanzeige Hüttners unter anderem gegen den OB vor. Kurz vor der Stadtratswahl ist der Fall zudem zum Politikum geworden, auf den sich Parteien und Wählergruppen stürzen. Hüttners Brief heizt die Lage weiter an. „Augenscheinlich auf Anweisung des Oberbürgermeisters werden notwendige Gesprächs- und Abstimmungsrunden mit Fachabteilungen der Stadtverwaltung abgesagt.“
Eine inhaltliche Kommunikation dürfe nur noch über das OB-Büro erfolgen. Die Stadt will von einer Blockade nichts wissen. Für Herrn Hüttner sei OB-Büroleiterin Sabine Ernst als zentrale Ansprechpartnerin ernannt worden, heißt es auf MZ-Nachfrage. Ihr würden keine aktuellen Anfragen des Geschäftsführers vorliegen.
Wird Stadt rechtzeitig fertig?
Was hat das alles mit Porsche zu tun? Gemeinsam mit der Schuler AG will der Sportwagenbauer im Star Park in der ersten Ausbaustufe 100 Millionen Euro in ein Presswerk für Karosserieteile investieren und 100 Arbeitsplätze schaffen. Am 3. April, als sich Halle im Wettrennen um das neue Porsche-Werk unter anderem gegen Leipzig durchgesetzt hatte, knallten in der Händelstadt noch die Sektkorken.
Durch die interne Auseinandersetzung und die Ausgrenzung der EVG bestehe laut Hüttner nun die Gefahr, dass die Stadt ihre Zusagen an Porsche nicht einhalten kann, die Infrastruktur im Star Park rechtzeitig herzurichten. Bis zum 1. September 2020 müsse beispielsweise die Medienversorgung für das Grundstück stehen. Die Erfüllung dieser Zusagen sei schon unter optimalen Bedingungen eine große Herausforderung gewesen.
Porsche bleibt gelassen
Die Stadtverwaltung spricht am Mittwochnachmittag von falschen Informationen: „Alle Anliegen zur Ansiedlung von Porsche/Schuler werden von einem Koordinator bearbeitet, der vom Geschäftsführer der EVG beauftragt wurde. Wir liegen im Zeitplan.“ An der Abarbeitung der Aufgaben im Star Park arbeiten mehrere städtische Gesellschaften. Porsche gibt sich unterdessen noch gelassen, aber auch bestimmt. „Wir gehen davon aus, dass die Stadt alle Dinge, die verabredet wurden, auch einhalten wird“, sagte ein Unternehmenssprecher der MZ.
Für die Außenwirkung Halles auf Investoren sei das Bild, das die Stadt derzeit abgebe, verheerend, monieren unterdessen MZ-Leser in sozialen Netzwerken. Der EVG-Chef seinerseits fordert derweil die Mitglieder des Aufsichtsrats auf, den OB anzuweisen, die Blockade der EVG aufzugeben. Er könne ansonsten die Verantwortung nicht länger tragen und müsste seine Geschäftsführung niederlegen. (mz)