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Konditorei mit Café Liesegang Konditorei mit Café Liesegang: Backen wie bei Opa

Von Claudia Crodel 27.08.2018, 04:00
Anke und Michael Liesegang vor der alten Teigmaschine von 1978.
Anke und Michael Liesegang vor der alten Teigmaschine von 1978. Silvio Kison

Lieskau - Jeden Morgen kurz vor 2 Uhr steht Michael Liesegang auf. Dann geht es in die Backstube. Brot, Brötchen, Kuchen, Konditoreiware müssen wenige Stunden später fertig sein. „Um 5 Uhr fährt ja das Auto vom Hof“, sagt der 48-Jährige. Das Fahrzeug beliefert die Jugendherberge in Halle, Krankenhäuser und Hotels mit frischer Ware. Eine Stunde später kommen dann die ersten Kunden durch die Ladentür.

„Wenn die Buchhaltung gemacht ist, gönne ich mir manchmal ein Stündchen Mittagsschlaf. Nachts achte ich darauf, dass ich vier Stunden schlafe, aber zu viel Schlaf ist auch nicht gut“, sagt Liesegang. So geht es Tag für Tag für den Konditorenmeister, 363 Tage im Jahr, denn die Liesegangs haben auch sonntags geöffnet.

Michael Liesegang und seine Frau Anke betreiben den Familienbetrieb in der dritten Generation

Michael Liesegang und seine Frau Anke betreiben den Familienbetrieb in der Lieskauer Teichstraße in der dritten Generation, sie vorn im Verkaufsraum, er in der Backstube.„1997 haben wir die Geschäfte von meinem Vater Tomas übernommen“, sagt der Junior.

Gegründet wurde die Konditorei vor 65 Jahren, also 1953, von Großvater Hermann Liesegang. Der hatte in den 30er Jahren im Café Hopfgarten in Halle gelernt. Auch Enkel Michael schickte der Großvater Ende der 80er Jahre zu Hopfgartens zur Ausbildung. „Das war ein harter Chef, aber ein sehr guter Fachmann und es hat Spaß gemacht“, blickt Michael Liesegang zurück.

Bäckerei Liesegang: Heute steht der Betrieb auf drei Säulen

Bis in die 90er Jahre hinein, 1975 hatte Tomas mit seiner Frau Gertrud den Betrieb übernommen, war die Konditorei gegenüber des Gasthauses Deutsche Friedenseiche zu finden. Da es dort nach der Wende Alteigentümeransprüche gab, erwarb die Familie Liesegang die ehemalige Lieskauer Kaufhalle, baute sie um und aus. Heute steht der Betrieb auf drei Säulen: dem Verkauf von Brot, Brötchen und Kuchen, dem Café und als Ort für Familienfeiern jeglicher Art. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Konditorenstrecke gelegt. So werden Hochzeitstorten oder Torten zu verschiedenen Jubiläen angefertigt.

Die meisten Produkte werden so wie früher gebacken. Die Rezepte des Großvaters haben sich schließlich seit Jahren bewährt. Am beliebtesten aus dem Warensortiment seien Brot und Brötchen sowie die Pfannkuchen. Im Sommer natürlich auch das Eis. „Auch das machen wir selbst“, sagt Michael Liesegang. In der Backstube stehen übrigens eine in Halle hergestellte Teigmaschine von 1978 und ein Backofen aus den 80er Jahren. Beide sind voll funktionstüchtig.

Liesegang führt eine Tradition fort, die in der Region rar geworden ist

Eine weitere Besonderheit: Liesegang führt eine Tradition fort, die in der Region rar geworden ist. „Wir haben noch etwa 35 Konditoreien in der Innung“, sagt Liesegang, der auch stellvertretender Landsinnungsmeister des Konditorenhandwerks ist. Nachwuchs gibt es in den Betrieben kaum. Er selbst hat eine junge Konditorin vor zwei Jahren zur Gesellenprüfung gebracht und sie nach der Ausbildung sofort fest angestellt. Seitdem habe sich kein Lehrling mehr beworben.

Über das berufliche Bildungswerk hat er im Moment einen jungen Mann in der Backstube, dem das Lernen schwerer fällt. „Aber er ist handwerklich top und sehr zuverlässig. Es ist noch nie morgens zu spät gekommen“, sagt Liesegang. Er wünschte sich, dass es künftig - ähnlich wie zu DDR-Zeiten - wieder eine Teilfacharbeiter-Ausbildung für Handwerksberufe gibt. So könnten Handwerksbetriebe generell dringend benötigten Nachwuchs bekommen. Auch wenn der mit der theoretischen Ausbildung hadert.

Das Konditorei-Sterben führt Michael Liesegang nicht nur aufs Nachwuchsproblem und schon gar nicht auf Konkurrenz aus der Kaufhalle zurück, der man mit Qualität begegnet. „Es sind die Energie-, die Krankenkassenkosten und die vielen Steuern, die die Kleinbetriebe kaputt machen“, meint er. (mz)