1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. "Kick them out": "Kick them out": 750 Hallenser demonstrieren gegen Identitäre Bewegung

"Kick them out" "Kick them out": 750 Hallenser demonstrieren gegen Identitäre Bewegung

Von Detlef Färber 14.04.2018, 17:41
Die Demonstration verlief friedlich, es gab lediglich zwei Anzeigen.
Die Demonstration verlief friedlich, es gab lediglich zwei Anzeigen. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Lag’s auch am schönen Wetter? Jedenfalls haben am Samstagnachmittag deutlich mehr Teilnehmer als erwartet in Halles Innenstadt an mehreren Orten nacheinander gegen die Nutzung eines  Hauses in der Adam-Kuckhoff-Straße durch die Identitäre Bewegung (IB) demonstriert.

Es war bereits die dritte große Demo gegen die hallesche Gruppe der von den Demonstranten als rechtsextrem und fremdenfeindlich eingeschätzten Bewegung. Im Unterschied zu den vorangegangenen drei Demos waren es diesmal aber fast ausschließlich junge Leute, die dem Aufruf einer Initiative namens „Kick them out“ gefolgt waren.

Die laut Polizei 750 Teilnehmer zogen mit Plakaten wie „Traurige Macker in hässlichen Häusern“ vom Landesmuseum für Vorgeschichte in Richtung des fraglichen Gebäudes, dessen zuvor tadellos sanierte Fassade seit einigen Angriffen mit Farbbeuteln und Steinen durch Unbekannte nun tatsächlich einen schlimmen  Anblick bietet.

„Kick them out“-Sprecher: Identitäre sind „organisierte Menschenfeinde“

Der „Kick them out“-Pressesprecher Benjamin (Nachname nicht genannt) bezeichnete die IB als „organisierte Menschenfeinde“ und sagte: „Wir sind nicht auf einen Dialog mit denen aus.“  Zweck des Protests sei es, laut Benjamin, „dass die sich unwohl fühlen in ihrem Haus“.

Ob dies auch am Samstag der Fall war, konnten die Demo-Teilnehmer freilich nicht erkennen, denn die Bewohner und Nutzer blieben drin, als der Zug von zahlreichen Polizisten nur wenige Meter entfernt an dem Haus vorbeigeführt wurde.

Kurz zuvor allerdings waren mit Melanie Schmitz und Dorian Schubert zwei Bewohner des IB-Hauses der MZ gegenüber zu einer Stellungnahme mit Blick auf die Demo bereit: „Diese Leute akzeptieren es einfach nicht“, dass sich Gruppen mit anderen oder gegensätzlichen politischen Positionen in Objekten treffen“, sagten sie und erhoben mit Blick auf die „Kick them out“-Initiative den Vorwurf, deren Organisatoren seien an den Anschlägen auf das Haus beteiligt gewesen.

Demo gegen Identitäre Bewegung in Halle - gegenseitige Vorwürfe

Befragt danach, erklärte Initiative-Sprecher Benjamin: „Wir distanzieren uns von Distanzierungen.“ Zuvor hatte die Initiative im Internet den Vorwurf einer Beteiligung an den Attacken von sich gewiesen, die Tat selbst aber zugleich als - aus ihrer Sicht - gerechtfertigt bezeichnet.  

Zu Wort kamen bei der Demo auch Rednerinnen, die die IB aus feministischer Perspektive angriffen. Aufsehen erregten hierbei aber vor allem drastische Plakate wie das mit der Aufschrift: „Wenn mein Uterus könnte, würde er Euch den Mittelfinger zeigen.“

Im Gegenzug verteilte eine Gruppe, die sich „No Tears for Krauts“ nennt, und sich ebenfalls deutlich als Gegner des IB zu erkennen gibt, ein Flugblatt, in dem sie den Feministinnen der Demo unter anderem vorwirft, sie würden die Belange von „Frauen und Homosexuellen verraten.“

Zudem würden sie gegenüber antisemitischen Ausfällen schweigen, wenn die von Migranten kämen, statt – so wörtlich „von der Brigade Suff-Nazis“.

Demo gegen IB in Halle - kaum Politiker auf der Straße

Anders als bei den beiden vorigen Anti-IB-Demos war die hallesche Politik diesmal nahezu gar nicht vertreten. Lediglich die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (Linke) lief mit und betätigte sich zudem als Ordnerin. Mit Blick auf die in Wort und Bild aggressive Wirkung des „Kick them out“-Mottos erklärte sie: Man wolle die Identitären „aus dem gesellschaftlichen Kontext rauskicken“. 

Die Demonstration verlief friedlich, es gab lediglich zwei Anzeigen: Eine, weil auf dem Dach eines Hauses in der Ludwig-Wucherer-Straße unerlaubterweise mit Pyrotechnik hantiert wurde, und eine andere „wegen eines Aufrufs zu einer Straftat“.

Dieser Aufruf freilich - verbreitet über Megafon - klang schon weitaus versöhnlicher, weil nach Jugend-Ulk: Wer, so hieß es, „die Fahne vom IB-Haus klaut, der kriegt einen Kasten Bier“. (mz)