Jugger-Spiel Jugger-Spiel: Moderne Gladiatoren am Ball
Halle (Saale)/MZ. - Verwundert bleiben jeden Sonntagnachmittag Spaziergänger an der Würfelwiese stehen: Männer und Frauen rennen in einem abgesteckten Feld aufeinander zu, haben komische Keulen oder ein Schild in der Hand, zwei sogar eine Kette mit einer Kugel, die wild geschwungen wird. Alles dreht sich um einen Ball, der in eine Art Nest gelegt werden muss, was einige der modernen Gladiatoren verhindern wollen. Irgendwie muss das eine Sportart sein, aber welche? Gerne und sehr häufig gibt Dominic Wolf Scheliga jedem der interessierten Zaungäste Auskunft, erklärt ausführlich Sinn und Zweck des Spiels, das sich Jugger nennt. "Das ist einfach zu erklären: Der Jugg - der Spielball - muss vom Läufer auf der gegenüberliegenden Seite in ein Mal - das Tor - gelegt werden", sagt der Teamchef der "Halleschen Doppelsöldner", die unter dem Dach des Christlichen Vereins junger Menschen (CVJM) als Trägerverein organisiert sind. Sonntags spielen sie gelegentlich gegen die zweite hallesche Jugger-Mannschaft, die Jugglers Jugg. Zwar darf man mit den gepolsterten Stäben, die sich Pompfen nennen, die gegnerische Mannschaft in Schach halten, doch Schläge auf Kopf und Hände sind tabu. Wer getroffen ist, muss sich auf den Boden knien und eine bestimmte Zeit aussetzen. Die Läufer dürfen den jeweils gegnerischen zu Boden ringen - nach fairen Regeln wie beim griechisch-römischen Ringen.
Was nach Gladiatorenkampf aussieht, ist tatsächlich also nur eine ganz harmlose Sache. Ein Treffer gegen das Bein, selbst mit der Schaumstoffkugel-Kette, tut absolut nicht weh - auch das führt Dominic Wolf Scheliga auf Nachfrage gerne mal vor.
Seit drei Jahren ist der Horterzieher fasziniert von der Sportart, die ihren Ursprung in dem australischen Science-Fiction-Film "Die Jugger - Kampf der Besten" aus dem Jahr 1989 hat. "Es ist die Herausforderung dieser schnellen Sprintsportart, in der Ehrlichkeit, Teamfähigkeit und gute Absprachen untereinander benötigt werden", schwärmt er. Auch die Fairness begeistert den 30-Jährigen, der zusammen mit Karl Baum das Team leitet. Denn beim Jugger, so Scheliga, gebe es weniger Unfälle als beim Fußball: "Reingrätschen ist nicht erlaubt."
Eine besondere Herausforderung ist, dass es die Sportgeräte natürlich in keinem Geschäft zu kaufen gibt. So müssen Pompfen und alle anderen "Waffen" selbst gebastelt werden - aus Glasfiberstäben, Schaumstoff, Schaumstoffbällen und jeder Menge Klebeband. Dafür gibt es nur im Winter Hallenzeiten: "Bis zum Herbst spielen wir im Freien auf der Würfelwiese."
Und natürlich ist auch ein bisschen Show dabei. Schon der Name des Teams zeugt nicht gerade von einem strengen Geist - andere Mannschaften in Deutschland nennen sich "Blackout" (Göttingen), "Die leere Menge" (Greifswald) oder "Zonenkinder"(Jena). Letztere werden Halle mit einem Schmunzeln in Erinnerung haben: Bei einem Jugger-Turnier vor Kurzem in der Saalestadt erkämpften die Zonenkinder den ersten Platz - und wurden dafür prompt von den Gastgebern, den Halleschen Doppelsöldnern, an einen nachgebauten Pranger gestellt. Ihre Vergehen: Verunglimpfung des Rasens, schlechtes Aussehen und natürlich der Turniersieg. "Bei anderen Turnieren sind aber auch einfache Pokale üblich", so Scheliga.
Interessenten am Jugger-Spiel können einfach mit Sportsachen sonntags zwischen 15 und 19 Uhr an die Würfelwiese kommen und mitmachen.